Kühlung für Hitzeinseln

Besonders Städte heizen sich im Sommer im stärker auf. Das erfordert dringend neue Konzepte der Stadtplanung.

  • Ingrid Wenzl
  • Lesedauer: 3 Min.

Bereits heute lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten. Aufgrund von Bodenversiegelung, enger Bebauung sowie fehlenden Parks und Grünflächen verwandeln sie sich im Sommer zunehmend auch in unseren Breitengraden in Hitzeinseln mit tropischen Temperaturen in den Nächten. Diese Situation, die sich in den nächsten Jahrzehnten noch deutlich verschärfen wird, gefährdet die Gesundheit speziell von Kindern, älteren und herzkranken Personen. Im Zuge der Hitzewelle von 2003 starben, laut einer internationalen Studie von Jean-Marie Robine von der Universität von Montpellier und Kolleg*innen, in Europa rund 70 000 Menschen.

Vor zunehmenden Gesundheitsschäden infolge des Klimawandels warnt auch der Bericht »Lancet Countdown 2020«, der diese Woche veröffentlicht wurde und an dem über 120 Expert*innen aus aller Welt, aus 38 wissenschaftlichen Einrichtungen und Organisationen der UN, mitgearbeitet haben. In der nationalen Zusammenfassung für Entscheidungsträger lautet eine der Empfehlungen für Deutschland, Städte klimafreundlicher zu entwickeln.

Ein Forschungsprojekt, das sich dem annimmt, ist das vom Bundesforschungsministerium (BMBF) geförderte Projekt »ExTrass« der Universität Potsdam. In ausgewählten Städten - Würzburg, Remscheid und Potsdam - erstellen Forscher*innen interaktive Klimakarten, anhand derer sich Maßnahmen zur Entsiegelung und Begrünung durchführen lassen. Sie testen die Begrünung von Fassaden und Dächern und organisieren Workshops zum Erfahrungsaustausch. »Derzeit sind die Fallstudienstädte dabei, gute Grundlagen zu schaffen, um konkrete Maßnahmen auf Dauer etablieren zu können, sodass etwa keine Frischluftschneisen zugebaut werden«, erklärt Projektkoordinatorin Susann Ullrich von der Uni Potsdam.

In Würzburg führt die städtische Organisation »stadtlich grün« Klimarundgänge durch, um wenig greifbare Prozesse, wie Temperaturunterschiede in der Stadt, sichtbar zu machen. Heißester Ort der Stadt ist der komplett versiegelte Marktplatz ohne jegliche Vegetation. Ein Quadratmeter Fläche emittiert hier mit bis zu 1400 Watt im Sommer soviel Wärme wie ein kleiner Heizlüfter. Dagegen kann ein Baum im Ringpark, der wichtigsten Grünfläche der Stadt, 200 bis 300 Liter Wasser verdunsten und damit die Temperatur deutlich senken.

Auch Katja Schmidt von der Universität Potsdam, die ebenfalls an dem Projekt mitarbeitet, beobachtet mikroklimatische Auswirkungen von Vegetation. So seien grüne Innenhöfe im Sommer bis zu 2,5 Grad kühler als andere. Große Fortschritte gibt es bereits in der Neubausiedlung Trewitz, die sich derzeit auf dem Weg zu einer Gartenstadt befindet. In ihrem Zentrum wurde eine dreispurige Straße rückgebaut, die ehemalige Wendeschleife einer Tram in eine Grünfläche mit Teich verwandelt.

Doch oftmals geraten in der Flächennutzung, gerade angesichts astronomisch hoher Quadratmeterpreise, finanzielle Interessen der Investoren mit denen der Bürger*innen in Konflikt. »Wenn sie das alles dem Markt überlassen, wird das gerade in den Ballungsgebieten alles zugebaut«, mahnt Jörn Birkmann, Leiter des Instituts für Raumordnung und Entwicklungsplanung an der Universität Stuttgart. »Da muss Stadtplanung auch Grenzen formulieren.«

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