- Politik
- Dannenröder Wald
»Ein ungerechtes System«
Die Umweltaktivistin Lola spricht über die Schikanen, die sie in der Untersuchungshaft erlebt hat
Was haben Sie Ende Oktober gemacht?
Wir haben am 26. Oktober mit mehreren Gruppen Autobahnen blockiert. Ich war an der A5 am Frankfurter Flughafen. Unser Ziel war es, auf die Zerstörung des Dannenröder Waldes aufmerksam zu machen.
Was ist dann passiert?
Wir wurden von einem Sondereinsatzkommando geräumt. Ich wurde in die Gefangenensammelstelle in Frankfurt am Main gebracht. Dort wurde ich am Abend in eine andere Zelle verlegt. Weil ich meine Personalien nicht abgegeben habe, sollte ich über Nacht bleiben und einer Haftrichterin vorgeführt werden.
Warum haben Sie das nicht gemacht?
Es gibt viele Menschen, die keinen Wohnsitz haben oder Probleme bekommen können, wenn sie ihre Personalien abgeben. Deswegen habe ich mich dagegen entschieden. Für die Haftrichterin war das ein Grund, uns in Untersuchungshaft zu stecken. Sie sah eine Fluchtgefahr als gegeben an.
Wie war es, plötzlich in U-Haft zu sein?
Das war natürlich erst mal ein komisches, schlechtes Gefühl. 23 Stunden am Tag in der Zelle zu sitzen, nur eine Stunde Hofgang mit anderen Gefangenen zu haben. Auch die Wärter waren nicht gerade freundlich zu uns. Wir wurden als »Affen in Käfigen« bezeichnet. Auch andere Dinge waren belastend. Zweimal in meiner fünfwöchigen Haftzeit gab es Durchsuchungen meiner Zelle, in denen geschaut wurde, ob ich etwas Verbotenes habe. Einmal wurde mir Post weggenommen, die ich vorher offiziell bekommen habe.
Es gab auch Solidarität für Sie. Was davon ist in der Haft bei Ihnen angekommen?
Nicht so viel. Briefe wurden uns oft nicht weitergereicht. Der zuständige Beamte sagte uns, wir bekämen zu viel Post, das könne nicht alles kontrolliert werden. Auch Geld, das uns durch die Rote Hilfe überwiesen wurde, ist nach zweimaliger Verweigerung erst nach vier Wochen bei mir angekommen. Das bedeutete, dass wir weniger Möglichkeiten hatten, uns Essen zu kaufen. Ich ernähre mich vegan. Das hieß vor allem, dass ich weniger bekam. Toll war die Solidarität aber trotzdem. Die wöchentlichen Demos am Knast, das Feuerwerk – das hat mir Kraft gegeben.
Wie war der Kontakt zu anderen Gefangenen?
Ich war beim Hofgang mit anderen zusammen. Die haben gefragt, warum ich da bin, und ich habe es erzählt. Danach haben andere Gefangene immer wieder von dem berichtet, was sie über den Danni aus dem Radio oder Fernsehen erfahren hatten. Uns wurde viel Mut zugesprochen und Unverständnis über unsere U-Haft geäußert. Insgesamt war das ein sehr schöner Umgang.
Wie haben Sie das System Gefängnis wahrgenommen?
Ich empfand es als ungerecht und zermürbend. Gefängnisse sind ein System, das sich selbst aufrechterhält. Die Gefangenen arbeiten für einen minimalen Lohn täglich in der Wäscherei oder in der Küche und müssen dadurch dafür sorgen, dass der Knast weiter funktioniert. Für mich waren andere Dinge ausschlaggebend. Wir wurden mit Fußfesseln zur Haftprüfung gebracht. Dort hieß es dann stundenlang warten. Mein eigener Haftprüfungstermin ging dann schnell vorüber. Ich wurde als einer von mehreren Fällen abgehandelt.
Als Sie Ihre Personalien angaben, ging es aber schnell raus?
Nein. Das hat auch lange gedauert. Vor knapp drei Wochen hatte mein Anwalt der Staatsanwaltschaft die Personalien angegeben. Die hat die Frist von zwei Wochen fast komplett ausgenutzt, bis es zu einem neuen Haftprüfungstermin kam. Anfang vergangener Woche bin ich dann freigekommen.
Was passiert jetzt?
Ich will auf jeden Fall wieder in den Danni. Der Wald und die solidarische Umgebung dort haben mir unglaublich viel Kraft gegeben. Es war schlimm zu lesen, wie immer mehr dort geräumt worden ist. Mich persönlich erwartet ein Verfahren wegen Nötigung. Das ist kein allzu großer Vorwurf. Falls es zu einer Haftstrafe kommen sollte, hoffe ich, dass die U-Haft angerechnet wird.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.