Ruslan Kotsaba droht Haftstrafe
Prozess gegen den Pazifisten wird in der Ukraine fortgesetzt
Dem ukrainischen Pazifisten Ruslan Kotsaba droht erneut Gefängnis. Donnerstag wird der Prozess gegen ihn fortgesetzt. Darüber informierte der Antimilitarist Lothar Eberhardt von der Berliner Initiative »Freiheit für Ruslan Kotsaba« das »nd«. Die Solidaritätsgruppe ist Teil eines antimilitaristischen Netzwerkes, das in den letzten Jahren immer wieder auf die Verfolgung des christlichen Pazifisten Kotsaba in der Ukraine aufmerksam gemacht hat. Dazu gehört auch die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner*innen (DFG-VK) und die Organisation Connection e.V., die Kriegsdienstverweigerer und Deserteure in aller Welt unterstützt. Dieser Initiative gehört auch Kotsaba an, der sich geweigert hatte, in der Auseinandersetzung zwischen der ukrainischen Regierung und den von Russland unterstützten Separatist*innen in der Ostukraine eine Waffe in die Hand zu nehmen.
»Ich gehe lieber ins Gefängnis als jetzt in den Bürgerkrieg, um meine Landsleute, die im Osten leben, zu töten«, erklärte Kotsaba im Januar 2015 in einem Beitrag auf YouTube gegenüber dem damaligen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Wenige Wochen später wurde er festgenommen und wegen »Landesverrats« sowie »Behinderung der rechtmäßigen Aktivitäten der Streitkräfte der Ukraine« angeklagt. Nach 16 Monaten Untersuchungshaft unter erschwerten Bedingungen verurteilte ihn das Gericht in Iwano-Frankiwsk zu dreieinhalb Jahren Haft. Das Berufungsgericht sprach ihn kurze Zeit später frei. Ein Spezialgericht für Zivil-und Kriminalfälle hatte bereits im Jahr 2017 den Freispruch aufgehoben und eine Wiederholung des Verfahrens angeordnet. Es hat nun begonnen.
Die kleine ukrainische Bewegung der Pazifist*innen sieht das erneute Verfahren von Kotsaba als »politisch motivierte Verfolgung wegen seiner Antikriegsansichten«. Auch die Berliner Unterstützungsinitiative schließt sich dem Protest an: »Wir fordern von der ukrainischen Regierung, Repressionen gegen Pazifisten zu stoppen«, heißt es in einer auf Facebook veröffentlichten Erklärung.
Doch die Unterstützung des ukrainischen Kriegsgegners dürfte geringer sein als in den Jahren zuvor. 2019 sollte ihm noch der Aachener Friedenskreis verliehen werden. Die Entscheidung wurde allerdings vom Vorstand des Vereins Aachener Friedenspreis e.V. revidiert, nachdem antisemitische Äußerungen von Kotsaba bekanntgeworden sind. So hat er am 22. Juni 2011, dem Jahrestag des Angriffs Nazi-Deutschlands auf die Sowjetunion, auf dem jüdischen Friedhof seiner westukrainischen Heimatstadt Iwano-Frankiwsk eine Rede gehalten, in dem er in einer Passage den Juden eine Mitschuld an der Shoah unterstellt. Kotsaba distanzierte sich später von dieser Aussage, die im Video seiner Ansprache herausgeschnitten wurde. Die DFG-VK erklärte, dass Kotsaba zu einem im ukrainischen Nationalismus verankerten Antisemitismus neigte. Er habe diese Sichtweise aber mittlerweile überwunden, hieß es.
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