- Politik
- Coronakrise
Mehrheit gegen Gottesdienste
Immer mehr Bürger lehnen coronabedingt weihnachtlichen Kirchgang ab
Die Lage ist unverändert, der Trend geht eher noch nach oben: Laut Robert-Koch-Institut (RKI) vom Sonntagmorgen meldeten die Gesundheitsämter 22 771 Neuinfektionen mit dem Virus SARS-CoV-2 innerhalb von 24 Stunden, gut 2500 mehr als eine Woche zuvor. Dies ist die höchste an einem Sonntag registrierte Zahl. Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 wird mit 409 angegeben. Auch in den Krankenhäusern zeichnet sich keine Entspannung ab. Nach Angaben der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) werden derzeit 5022 Covid-19-Patienten intensivmedizinisch behandelt, fast 500 mehr als in der Vorwoche. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner lag am Sonntag im Bundesdurchschnitt bei 192,2 - der höchste Stand seit Beginn der Pandemie.
Insbesondere in Teilen Brandenburgs spitzt sich die Lage in den Kliniken zu. So stellte der Landkreis Oder-Spree am Sonntag ein »Großschadensereignis« fest, um die Verlegung von Patienten mit Hilfe des Katastrophenschutzes besser koordinieren zu können. Der Begriff markiert die letzte Stufe vor Ausrufung des Katastrophenfalls. Hotspot in Brandenburg ist der Kreis Oberspreewald-Lausitz mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 490 neuen Ansteckungen je 100 000 Einwohner, es folgt Elbe-Elster mit knapp 465.
Umso mehr richten sich die Hoffnungen auf den Beginn der Impfungen. Sie sollen in Deutschland am 27. Dezember beginnen. An diesem Montag will die EU-Arzneimittelbehörde EMA ihre Beurteilung über den Impfstoff von Biontech und seines US-Partners Pfizer abgeben, danach wird eine Zulassung durch die EU-Kommission erwartet. In der Bundesrepublik sollen die Impfungen wegen der anfangs nur begrenzten Verfügbarkeit der Vakzinen in mehr als 400 regionalen Impfzentren der Länder anlaufen. Mobile Impfteams sollen in Pflegeheime und Kliniken gehen. Erst später sollen Ärzte in der Fläche übernehmen.
CSU-Chef Markus Söder forderte indes »mehr Tempo« bei der Beschaffung der Impfdosen. Und Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, zeigte sich besorgt, »ob der Impfstoff reicht«. »Wir müssen es wenigstens in einer ersten Runde schaffen, alle Pflegeheime abzusichern. Und deshalb ist es wichtig, dass jetzt auch genug Impfstoff kommt«, forderte sie in einem RTL/ntv-Interview.
Die Bundesregierung hat sich unterdessen noch einmal 30 Millionen Dosen des Impfstoffes der Firma Biontech auf nationaler Ebene gesichert. Damit stehen laut Gesundheitsministerium zusammen mit jenen, die Deutschland über die Bestellung der EU bekommt, 136,3 Millionen Dosen für die zwei Präparate der Mainzer Firma Biontech und des US-Herstellers Moderna zur Verfügung. Sie sollen »nahezu alle« im kommenden Jahr geliefert werden könnten. Mit je zwei nötigen Dosen ließen sich so rechnerisch 68,2 Millionen Einwohner Deutschlands impfen. Für das erste Quartal 2021 rechnet der Bund mit elf bis 13 Millionen Dosen. Laut der am Freitag von Spahn vorgestellten Verordnung sollen zuerst die über 80-Jährigen und Heimbewohner sowie deren Pflegekräfte und Personal aus medizinischen Einrichtungen mit sehr hohem Infektionsrisiko geimpft werden.
Unterdessen sieht eine Mehrheit der Bürger die trotz des »harten Lockdowns« erlaubten Weihnachtsgottesdienste kritisch. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag von dpa sprachen sich 50 Prozent dafür aus, Präsenzgottesdienste zu untersagen. Für die Zeremonien gelten Maskenpflicht, Abstandsgebot und ein Gesangsverbot. Doch auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat angesichts der Infektionszahlen Zweifel, ob sie in dieser Form stattfinden können. Er machte in einem Interview mit dem »Tagesspiegel« zugleich deutlich, dass er auf freiwillige Entscheidungen der Kirchen setze. Mit Agenturen
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.