- Politik
- Wirtschaftsbericht
Die Hoffnung auf den Aufschwung schwindet
Bundesregierung korrigiert ihre Wirtschaftsaussichten für dieses Jahr massiv nach unten
Am Anfang der Coronakrise hofften viele noch auf einen schnellen Aufschwung nach dem Einbruch. Der Konjunkturverlauf würde dem eines V ähneln, hieß es häufig. Doch spätestens mit der zweiten Welle und den daraus begründeten Kontaktbeschränkungen schwand die Hoffnung merklich. Nun hat auch die Bundesregierung ihre Vorhersage für dieses Jahr in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Jahreswirtschaftsbericht massiv nach unten korrigiert. Nachdem die Wirtschaftsleistung im vergangenen Jahr um fünf Prozent gesunken ist, wird sie nach den Berechnungen aus dem Bundeswirtschaftsministerium dieses Jahr nur um drei Prozent steigen. Ende Oktober war das Ministerium noch von 4,4 Prozent ausgegangen.
Auch wenn solche Vorhersagen derzeit mit Vorsicht zu genießen sind, weil sie von vielen unsicheren Faktoren wie dem Verlauf der Pandemie und der Geschwindigkeit der Impfungen abhängen, so ist damit doch sicher, dass die Konjunktur noch lange brauchen wird, um sich von der Krise zu erholen. Dies hat auch Auswirkungen auf die Finanzlage des Staates. Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) hatte deswegen Anfang der Woche für eine temporäre Modifikation der Schuldenbremse plädiert, damit der Staat auch in den kommenden Jahren Schulden aufnehmen kann. Von den Grünen und der SPD erhielt er dafür Zuspruch, während er von seinen Parteifreunden aus der Union umgehend Kritik erntete.
»Die Schuldenbremse ist die dümmste Regel Deutschlands und wird einen Tod auf Raten sterben«, kommentierte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Fabio De Masi, dies. Wer an der Schuldenbremse festhalte, »muss sagen, wo er Investitionen und Sozialstaat kürzen will, ohne die Wirtschaft ins Koma zu versetzen«.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will aus der Krise kommen, indem er den Wirtschaftsstandort Deutschland stärkt: »Wir müssen die Krise auch als Chance begreifen, um langfristig moderner und noch wettbewerbsfähiger zu werden«, sagte der CDU-Politiker anlässlich der Veröffentlichung des Jahreswirtschaftsberichts. Dabei liegt der Grund der gegenwertigen Krise weniger in der angeblich mangelhaften Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, sondern viel mehr im Rückgang der Nachfrage wegen des Lockdowns und der zunehmenden Verunsicherung. So ist der private Konsum im vergangenen Jahr um sechs Prozent eingebrochen.
Und die Neigung der Menschen, Geld auszugeben, hat sich Experten zufolge in den letzten Wochen wieder verschlechtert. »Die Schließung von Gastronomie und weiten Teilen des Handels Mitte Dezember 2020 hat die Konsumneigung ähnlich hart getroffen wie beim ersten Lockdown im Frühjahr des vergangenen Jahres«, sagte Konsumexperte Rolf Bürkl vom Markforschungsinstitut GfK. So trübten sich laut GfK jüngst auch die Einkommensaussichten der Konsumenten ein. Die Menschen haben also gerade Angst um ihren Job.
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!