Verteuerte CO 2 -Schleudern

Weltgrößtes Emissionshandelssystem startet in China mit Kohlekraftwerken

  • Christian Mihatsch
  • Lesedauer: 3 Min.

China hat am Montag sein System für den Handel mit Verschmutzungsrechten gestartet. Zunächst werden nach Angaben des Umweltministeriums 2225 Kohlekraftwerke, zumeist betrieben von staatlichen Unternehmen, zum Emissionshandel verpflichtet. Da die Volksrepublik längst der weltweit größte Emittent von Treibhausgasen ist, entsteht hier das größte Emissionshandelssystem weltweit. Es soll dazu beitragen, das ambitionierte Ziel der Führung in Peking zu erreichen, dass China bis zum Jahr 2060 CO2-neutral wirtschaftet.

Als die Regierung im Januar ihre Pläne für ein landesweites Emissionshandelssystem vorstellte, kam die Ankündigung selbst für die Fachwelt überraschend. Bislang gab es nur Pilotversuche in fünf Städten und drei Provinzen. Dass der nationale CO2-Markt zunächst nur die Kohlekraftwerke umfasst, ist naheliegend, da sie rund 40 Prozent der CO2-Emissionen im Reich der Mitte verursachen. Für diese Meiler gilt ab jetzt ein Grenzwert von 877 Kilogramm Kohlendioxid pro Megawattstunde (MWh) Stromerzeugung. Für diese Menge erhalten die Betreiber der Anlagen kostenlose Zertifikate. Kraftwerke, die weniger ausstoßen, können die nicht benötigten Zertifikate verkaufen. Meiler, die mehr emittieren, müssen Verschmutzungsrechte hinzukaufen. Dies soll Anreize für eine Senkung des CO2-Ausstoßes schaffen.

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Anders als beim EU-Emissionshandel geht es in China nicht um die Gesamtmenge des Ausstoßes, die im Laufe der Zeit abgesenkt wird, sondern um die Emissionsintensität. Ziel ist also eine Effizienzsteigerung der Anlagen. Der gewählte Grenzwert sei »großzügig«, meint die Energieexpertin Yan Qin von Refinitiv, einem Dienst für Wirtschaftsdaten. Der Wert entspreche etwa den durchschnittlichen Emissionen pro MWh im Jahr 2019.

Praktisch bedeutet das wohl, dass in der ersten Handelsperiode, die zwei Jahre läuft, nur kleinere und ältere Kraftwerke Zertifikate kaufen müssen. Das entspricht dem erklärten Ziel der Regierung, die diese Kohlemeiler aus dem Markt drücken will. Dass der Grenzwert den durchschnittlichen Emissionen im Jahr 2019 entspricht, hat aber wohl noch einen anderen Grund. Die Zuteilung der Zertifikate erfolgt rückwirkend: Zum Start an diesem Montag haben die Kraftwerke die Zertifikate für die Stromproduktion in den Jahren 2019 und 2020 erhalten. Noch ist allerdings unklar, wann Kraftwerke, deren Emissionen über dem Grenzwert lagen, tatsächlich dafür mit zusätzlich erworbenen Zertifikaten »bezahlen« müssen.

Marktbeobachter erwarten, dass die ersten Transaktionen im ersten Quartal 2021 stattfinden werden. Für die Preisbildung wird wohl erst entscheidend sein, welcher Grenzwert für die Emissionen in den Jahren 2021 und 2022 gelten wird. Da für die jetzt gestartete Periode 2019 und 2020 tendenziell zu viele Zertifikate im Markt sind, haben diese nur einen Wert, wenn absehbar ist, dass in der nächsten Periode Mangel herrscht und daher eine echte Nachfrage nach Zertifikaten besteht. Beim EU-Emissionshandelssystem dauerte es aufgrund zu vieler kostenlos ausgegebener Zertifikate Jahre, bis es die Anlagenbetreiber zur Senkung des Treibhausgasausstoßes drängte. Unbekannt ist in China auch noch, wann der Zertifikatehandel auf Gaskraftwerke und auf große energieintensive Industriebetriebe wie Raffinerien oder Stahlhersteller ausgeweitet wird.

Die ersten Beurteilungen von Chinas CO2-Markt fallen denn auch durchwachsen aus. Zumindest halb voll ist das Glas für Zhang Jianyu von der Umweltorganisation EDF China: »Das Emissionshandelssystem ist essenziell, um den Ausstoß zu reduzieren sowie ein effektives Preissignal zu schaffen. Daher wird das Handelssystem ein wirksames Instrument werden«, um Chinas Klimaziele zu erreichen. Stian Reklev von der Nachrichtenplattform CarbonPulse sieht hingegen primär das Glas: »Es fängt ziemlich beschissen an, aber wenn die volle Struktur da ist, kann die Regierung diese über Nacht in ein nützliches Instrument verwandeln, wenn sie das will.« Der Kohlenstoffmarktexperte hält es allerdings für »unwahrscheinlich, dass das demnächst passiert«. Trotzdem hält auch er es für einen Fortschritt, dass Chinas Regierung zumindest diese Option hat.

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