An der Goldgrube 12

Von Iris Rapoport

  • Iris Rapoport
  • Lesedauer: 3 Min.

Seit dem 27. Dezember wird geimpft. Das erscheint - nur ein Jahr, nachdem das Corona-Virus aufgetaucht ist - manchem wie Zauberei, anderen als untrügliches Indiz für fahrlässige Hast. Doch bei der Impfstoffentwicklung war weder Magie noch Pfusch im Spiel. Die schier unglaubliche Schnelligkeit ist Frucht langjähriger Forschung.

Natürlich hatte niemand vorzeitige Kunde von diesem Virus. Die Wissenschaftler, die jene Ribonukleinsäuren erforschten, die heute die Impfstoffentwicklung revolutionieren, konnten den zukünftigen Nutzen ihres Tuns nicht einmal ahnen. Als vor gut 10 Jahren Anwendungen sichtbar wurden, haben clevere Visionäre kleine Startups gegründet. Das Mainzer Unternehmen Biontech war dabei an vorderster Front. Es wurden Methoden entwickelt, die empfindlichen RNA-Moleküle zu stabilisieren und sie in Lipide verpackt zu nutzen, um heilende Botschaften in den menschlichen Körper zu schleusen. Dabei versteht sich, dass das Verfahren gründlich auf seine Unbedenklichkeit geprüft wurde. All das kam für die Entwicklung eines Impfstoffes auf RNA-Basis gerade zurecht. Parallel hatte die Erforschung von Sars und Mers bereits Hinweise geliefert, dass die mRNA des Spikeproteins des Coronavirus für eine Impfung Erfolg versprach.

All dieses Wissen konnte zu Beginn des letzten Jahres sofort gebündelt werden, weil die chinesischen Experten die Gefährlichkeit des Virus so schnell erkannten und dessen genetischen Bauplan unverzüglich weltweit zugänglich machten.

Doch der Erfolg ist bis zum Abschluss der aufwendigen und teuren klinischen Prüfung nicht sicher. Und vergessen wir nicht, eine »zweite Welle« wurde im letzten Sommer noch von so manchem bezweifelt. Auch die Erinnerung an das ökonomische Debakel mit der Schweinegrippe von 2010 war noch frisch. Produktionskapazitäten zu schaffen, die vielleicht nie genutzt werden, ist ein großes Risiko. All das ist, wenn Maximalprofit mehr gilt als Gesundheit, eine hohe Hürde. Deshalb vertraute man weltweit auch nicht auf den sonst so gepriesenen freien Markt. Staatliches Eingreifen sollte das Risiko begrenzen. So unterstützte die Bundesregierung die Impfstoffentwickler mit beachtlichen 750 Millionen Euro - Steuergeld, das wirklich gut angelegt war!

Neben den bereits zugelassenen Impfstoffen gibt es derzeit international etwa 230 weitere Kandidaten. 60 davon werden bereits beim Menschen getestet. Die restlichen 170 befinden sich in verschiedenen Stadien der Prüfung. Es ist durchaus möglich, dass einige leichter handhabbar sind, andere sich vielleicht besonders gut für den Schutz älterer Menschen eignen, wieder andere eventuell auch bei mutierten Viren wirken oder vielleicht einfach preiswerter herzustellen sind.

Doch vor der weiteren Prüfung der Impfstoffe türmen sich neue Hemmnisse. Nicht nur, dass es zunehmend schwieriger wird, Teilnehmer für klinische Studien zu finden. Es ist ethisch eigentlich nicht vertretbar, jetzt, da man das Virus bereits mit wirksamen Impfstoffen bannen kann, Teilnehmern einer Studie ein Placebo zu spritzen. Es müssen neue Wege beschritten werden, um die Impfstoffkandidaten zu testen. Das wird noch teurer und aufwendiger, als es klinische Studien ohnehin sind.

Darum müssen sich die Firmen bereits zugelassener Impfstoffe keine Sorgen mehr machen. Und für Biontech, das in Mainz An der Goldgrube 12 residiert, gilt gewiss »Nomen est omen«.

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