- Politik
- Krankenhäuser in Bremen
Klinikverbund sägt am Personalbestand
Kommunale Krankenhäuser in Bremen in wirtschaftlicher Bedrängnis. Werden 440 Stellen gestrichen?
Es überrascht nicht, wenn profitorientierte Unternehmen, etwa Großbanken, in wirtschaftlich angespannter Lage als probates Mittel zum Sanieren die Entlassung zahlreicher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen anwenden. Es verwundert jedoch nicht wenige, wenn ein kommunaler Klinikverbund wie »Gesundheit Nord« (GeNo) in Bremen, der zu hundert Prozent der Stadt gehört und vier Krankenhäuser umschließt, zur Gesundung seiner seit Jahren desolaten Finanzen am Personalbestand sägt. Von insgesamt rund 8000 GeNo-Stellen sollen 440 Vollzeitarbeitsplätze bis Ende 2024 abgebaut werden. Und das mit Zustimmung der verantwortlichen Senatorin Claudia Bernhard, die zugleich Aufsichtsratsvorsitzende des Verbundes ist.
Mit der GeNo hat sie ein schwieriges Erbe übernommen, besteht die Geldnot der Kliniken doch nicht erst seit der Corona-Pandemie. Sie hat die prekäre Situation nur noch verschärft, etwa dadurch, dass Operationen aufgeschoben werden, um genügend Kapazitäten für Covid-Kranke bereit zu haben.
Nicht zuletzt aus den Reihen der Linkspartei, der Claudia Bernhard angehört, ist Kritik am Ja der Ressortchefin zur Schrumpfung der Beschäftigtenzahl zu hören. So von Sebastian Rave, der sich nicht allein bei den Linken, sondern zudem im »Bremer Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus« engagiert.
Im sozialen Netzwerk »Facebook« zeigt er ein Plakat, mit dem die Linke vor etwa zwei Jahren um Wählerstimmen warb. Eine Hand ist darauf abgebildet, die sich fürsorglich auf den Arm eines Kranken legt, und darüber verspricht die Partei: »Mehr Personal! Gesündere Arbeit, bessere Pflege. Wir machen das.«
Stattdessen aber heiße es »weniger Personal«, und statt gesünderer Arbeit werden »gesündere Bilanzen« angepeilt, moniert Rave. Es sei nicht überraschend, sagt er im Gespräch mit »nd«, dass Claudia Bernhard als Gesundheitssenatorin ein »verwaltendes Politikverständnis« zeige. »Sie setzt Sachen um, sie führt keine Kämpfe«. Im Rahmen eines Parteitages aber, so erinnert der Aktivist, habe die Bremer Linke beschlossen, für eine ausreichende Finanzierung der Krankenhäuser zu kämpfen.
Bernhards Einlassung, beim Stellenabbau werde der Pflegebereich nicht berührt, treffe nicht vollumfänglich zu, gibt Sebastian Rave zu bedenken. So könnten zum Beispiel Pflegende, die im Leiharbeitsverhältnis stehen, durchaus betroffen sein.
Claudia Bernhard, zu den Auswirkungen ihres Sparkurse auf die verschiedenen Arbeitsbereiche der Krankenhäuser gefragt, betont: Die Pflege werde nicht nur vom Stellenabbau ausgenommen, sondern »hier werden weiter Stellen aufgebaut«. Und die Senatorin erinnert: In der GeNo seien in der Vergangenheit gerade im ärztlichen Bereich Stellen aufgebaut, während gleichzeitig die Fallzahlen gesunken seinen. »Das sehen auch die Betriebsräte, die in alle Planungen selbstverständlich eingebunden werden«, versichert Claudia Bernhard.
Sie verspricht: Die GeNo werde nichts unternehmen, was in irgendeiner Art die gesundheitliche Versorgung der Menschen in Bremen gefährden könnte. Zur Frage, ob und inwieweit die Technik der Krankenhäuser unter dem Arbeitsplatzabbau leiden werde, sagt Bernhard: »Bestimmte technische Bereiche werden wachsen, zum Beispiel die Laborarbeit.«
In den Reihen der Bremer Linken gibt es durchaus Verständnis für den Kurs der Senatorin. Man dürfe nicht übersehen, war von einem Insider der Krankenhauswirtschaft zu hören, dass über der Zukunft des Klinikverbundes »das Damoklesschwert der Privatisierung schwebt«. Bernhard ist das bewusst. Sie betont: »Ich möchte jetzt erreichen, dass die GeNo kommunal bleibt, dass wir einen großen starken Klinikverbund haben. Und der kann uns durchaus auch etwas kosten.«
Dagegen, dass die aktuellen Planungen es mehreren hundert Beschäftigten der GeNo den Arbeitsplatz kosten, protestiert zusammen mit dem Bremer Bündnis für mehr Personal die Gewerkschaft Verdi.- »Eine Sanierung zulasten der Versorgungsqualität und Arbeitsbedingungen darf es nicht geben«, betont David Matrai vom Landesbezirk der Arbeitnehmervertretung und hebt hervor: »Ein Krankenhaus ist keine Fabrik, sondern soziale Infrastruktur mit einem Versorgungsauftrag.«
»So wie derzeit in Bremen über Stellenstreichungen nachgedacht wird, führen sie zu Arbeitsverdichtung und schlechteren Arbeitsbedingungen«, meint Gewerkschaftssekretär Jörn Bracker. »Probezeitkündigungen, auslaufende Verträge und die Kündigung von Pflege-Leiharbeitnehmern würden zu Mehrbelastungen führen«, weiß der Verdi-Mann. »Insbesondere, wenn gleichzeitig die Anzahl der behandelten Fälle gesteigert und die Verweildauer der Patienten gesenkt werden sollen«, betont Bracker.
Die GeNo sei für die Gesundheitsversorgung in Bremen von herausgehobener Bedeutung, gibt der Gewerkschafter Verdi zu bedenken. Darauf sollten sich die Menschen auch weiterhin verlassen können. »Die Verantwortlichen in der Landespolitik müssen dies durch das Bereitstellen von finanziellen Mitteln für die GeNo sicherstellen«, fordert Jörn Bracker.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.