Parkende Ferraris sind sauber
Sieben Tage, sieben Nächte
Kapitalismus und Klimaschutz sind kein Gegensatz, heißt es oft, und weil das nicht ganz stimmt, hat diese Woche die Stiftung Familienunternehmen ihren Wissenschaftlichen Beirat schon mal vor zu viel Klimaschutz warnen lassen, genauer: davor warnen lassen, »die Konjunktur-, Finanzmarkt- und Wettbewerbspolitik mit umweltpolitischen Zielen zu überfrachten«. Man sieht: Die Unternehmen tragen schwer am Schutz der Natur.
Laut Beirat fördert diese Überfrachtung »staatliche Planwirtschaft, Kleinteiligkeit und Fehlsteuerung«, was den Schluss nahelegt: lieber globale Erwärmung in marktwirtschaftlicher Freiheit als Klimaschutz unter dem kalten Joch der Planwirtschaft. Und letztlich, so die Ökonomen, sei »der ökologischen Nachhaltigkeit nicht gedient, wenn die Substanz von Wirtschaftsgrundrechten ausgehöhlt werden«. Man sieht es geradezu vor sich, wie das Klima unter dem Substanzverlust wirtschaftlicher Grundrechte leidet.
Während Familienunternehmen im Namen der Grundrechte des Marktes gegen ein Übermaß an Klimaschutz vorgehen, suchen größere Konzerne Wege um den Klimaschutz herum. Notorisch ist hier die Autoindustrie, die zum Beispiel durch den Einbau manipulierter Software ihre Produkte als weniger umweltschädlich darstellte als sie tatsächlich waren. Hier liegt ein eher klassischer Betrug vor, um zum Wohle der Bilanz weiter Abgase in die Luft zu blasen.
Ein komplizierterer, dafür aber erlaubter Fall ist dagegen Tesla. Der dem reichsten Menschen der Erde gehörende Elektroautobauer macht seinen Gewinn weniger mit dem Verkauf von Autos, sondern von CO2-Emissionszertifikaten an andere Autobauer. Letztere erwerben die Zertifikate von Tesla, damit sie die vorgegebenen Emissionsgrenzen für ihre Flotte einhalten und gleichzeitig weiter ihre klimaschädlichen Wagen verkaufen können.
Eine originelle Verteidigung seiner Dreckschleudern hat sich Louis Camilleri einfallen lassen. Welches Auto, fragte der Chef des Sportwagenherstellers Ferrari unlängst seine Investoren, ist umweltschädlicher - ein 1,5-Liter-Golf oder ein Ferrari 812 GTS mit Zwölf-Zylinder-Motor? Der Ferrari? Nicht unbedingt, so Camilleri, denn letztlich komme es ja nicht nur auf den Benzinverbrauch an, sondern auch darauf, wie viel so ein Auto gefahren werde! »Ein V12 Ferrari, der nur 3000 Kilometer im Jahr genutzt wird, hat wahrscheinlich weniger Emissionen als ein kleines Auto, das jeden Tag fährt.«
Die Autoindustrie, so folgerte der Ferrari-Chef, müsse besser darin werden, staatliche Umweltregulierer in solchen Fragen zu schulen. Allerdings muss sie dabei darauf achten, dass die Politik aus Camilleris Rechnung nicht den naheliegenden Schluss zieht, dass es wohl am besten wäre, wenn man den Ferrari gar nicht erst baut. Stephan Kaufmann
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