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Keine Staatsgelder für Verfassungsfeinde

Mit einer Gesetzesinitiative will die Bildungsstätte Anne Frank eine AfD-nahe Stiftung von der Förderung durch den Bund ausschließen

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 4 Min.

»Eigentlich gehört solch eine Initiative nicht zu unseren klassischen Aufgaben«, sagt Meron Mendel. Doch der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main warnt am Mittwoch eindringlich vor einer »absoluten Katastrophe« für die politische Bildungsarbeit in Deutschland, sollte der Gesetzgeber nicht bald handeln. Wovor Mendel mahnt, ist ein Szenario, mit dem sich der Bundestag spätestens nach der nächsten Bundestagswahl konfrontiert sieht.

Gelingt der AfD im Herbst der Wiedereinzug ins Parlament, worauf alle Umfragen hindeuten, wächst der Druck, dass auch die parteinahe Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) Anspruch auf staatliche Fördermittel in Millionenhöhe erhält. Nach den aktuellen Regeln wäre es faktisch ausgeschlossen, dies zu verhindern. Der Grund dafür überrascht: Bisher gibt es kein Gesetz, das die Vergabe von Geldern des Bundes an die politischen Stiftungen der Parteien regelt. Grundlage sind Richtlinien, die der Bundestag in seinen Haushaltberatungen beschließt. Die wohl wichtigste Regel lautet: Zieht eine Partei für eine zweite Legislaturperiode in das Hohe Haus ein, hat ihre Stiftung Anspruch auf finanzielle Mittel aus den verschiedenen Bundesministerien. Die jährlich zu verteilende Gesamtsumme ist enorm und betrug 2020 mehr als 540 Millionen Euro. Verteilt werden die Gelder nach einem Schlüssel, der sich im Wesentlichen an den Wahlergebnissen der Parteien orientiert. »In Deutschland besteht schon lange dringender Bedarf an einem Gesetz, das die Vergabe staatlicher Mittel für Parteistiftungen regelt«, betont der Göttinger Rechtswissenschaftler Hans Michael Heinig, der die Gesetzesinitiative begrüßt.

Einen Vorschlag im Auftrag der Bildungsstätte hat nun der Grünen-Politiker Volker Beck formuliert. Sein umfangreiches Eckpunktepapier soll die Grundlage für ein »Wehrhafte-Demokratie-Gesetz« bilden. »Es wird immer wieder behauptet, der Bund habe keine andere Wahl, als eine offenkundig verfassungsfeindliche Organisation mit Steuergeld zu fördern«, kritisiert der frühere Bundestagsabgeordnete. Nach Becks und auch Heinigs Einschätzung ist dies jedoch falsch.

Nötig sei die Einführung eines Stiftungsgesetzes, das die Mittelvergabe an konkrete Vergaberichtlinien koppelt. Die politischen Stiftungen müssten sich an dem Ziel messen lassen, »die Grundlagen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung (FDGO) in der Gesellschaft zu verankern und zu stärken«, so Beck. Kern des Gesetzesvorschlags bildet die Einführung eines Registers für politische Stiftungen aller dauerhaft im Bundestag vertretenen Parteien. Aufgenommen werden könnten darin nur Stiftungen, die die FDGO aktiv unterstützten und durch ihre gesellschaftspolitische Arbeit förderten.

Nach Becks Vorstellungen solle über die Aufnahme in das Register das Bundesverwaltungsamt entscheiden, das aktuell bereits für die Stiftungsaufsicht zuständig ist. Lehnt die Behörde nach ausführlicher Begründung und Beweisführung die Aufnahme einer parteinahen Stiftung ab, stehe dieser der Klageweg über die Verwaltungsgerichte bis hin zum Bundesverfassungsgericht offen.

Mendel betont, dass es sich bei solch einem Stiftungsgesetz um »keine Lex-AfD« handele, auch wenn die Partei den Anlass für die Initiative liefere. Es gehe darum, einen »einheitlichen Maßstab« einzuführen, der bisher fehle. Der Gesetzesvorschlag sieht auch vor, dass das Bundesverwaltungsamt nach einer Übergangsfrist von zwei Jahren auch jene parteinahen Stiftungen prüft, die bereits eine Förderung erhalten. Eine Gefahr, dass die neue Regelung dazu missbraucht werden könnte, um politischen Konkurrent*innen zu schaden, sieht Beck nicht. »Man darf nicht Demokratiefeinde mit der Förderung der Demokratie beauftragen«, so Beck.

Es sei wichtig, zwischen Parteien und politischen Stiftungen zu unterscheiden, betont auch Rechtswissenschaftler Heinig. Schon jetzt seien die politischen Stiftungen in der Pflicht, demokratische Bildungsarbeit zu leisten. »Die Gesetzesinitiative der Bildungsstätte Anne Frank setzt als Kriterium den aktiven Einsatz politischer Stiftungen für die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Nur über eine solche klare Regelung der Vergaberichtlinien können wir effektiv verhindern, dass der Verfassungsstaat Stiftungen finanzieren muss, deren Wirken mit den Zielen demokratischer Bildungsarbeit in Widerspruch steht.«

Auf die DES treffe dies zu, ist nicht nur die Bildungsstätte Anne Frank überzeugt. Im Januar startete deshalb eine Kampagne, die auf die Ziele der Erasmus-Stiftung und die politischen Hintergründe ihrer wichtigsten Vertreter hinweist. Die DES bewege sich »in einem rechtsbraunen Geflecht«, betont Mendel am Mittwoch.

Auf offene Ohren dürfte die Bildungsstätte insbesondere bei der Grünen-Bundestagsfraktion stoßen. Vor zwei Wochen hatten deren Parlamentarische Geschäftsführerin Britta Haßelmann und der wissenschaftspolitische Sprecher, Kai Gehring, mit Blick auf die AfD ein Stiftungsgesetz angemahnt. »Eine öffentlich geförderte Institution, die Rassismus, Antisemitismus, Frauen- und Queerfeindlichkeit mit intellektuellem Anstrich den Boden bereitet, wäre eine schwere Hypothek für unsere Demokratie«, sagt Gehring. Gespräche mit allen demokratischen Parteien im Bundestag über ein Stiftungsgesetz seien geplant, so Mendel.

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