Steinmeiers verhallte Einsichten

Martin Ling über die historische Rede zur »Colonia Dignidad«

Viele bewegende Worte, die wenig bewegt haben. Fünf Jahre ist es her, seit der jetzige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als damaliger Außenminister eine historische Rede hielt: Er gestand das Versagen des Auswärtigen Amtes rund um die deutsch-chilenische Sektensiedlung Colonia Dignidad ein und gelobte Besserung: Deutschland würde sich fortan der Opfer annehmen und die Aufklärung der Verbrechen vorantreiben.

Die Bilanz am 26. April 2021 fällt ernüchternd aus: Außer einem Hilfsfonds mit Einmalzahlungen von maximal 10.000 Euro an Sektenopfer ist nichts passiert. In Deutschland wurden alle Ermittlungen eingestellt, kein Urteil – nicht mal gegen in Chile verurteilte Straftäter wie den Sektenarzt Helmut Hopp, der sich nach Krefeld flüchtete, wurde Anklage erhoben.

Aus dem vom Bundestag 2017 gefassten Beschluss zur »Aufarbeitung der Verbrechen in der Colonia Dignidad« wurde bisher nichts und die »gemeinsame Errichtung einer nach wissenschaftlichen Kriterien gestalteten Begegnungs- und Gedenkstätte« wird weiter auf die lange Bank geschoben. Stattdessen praktiziert die Siedlung heute Folkloretourismus, das Vermögen der Colonia Dignidad wurde nicht untersucht. Steinmeier sollte Heiko Maas zur Raison rufen, wenn er seine Rede von einst ernst gemeint hat.

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