Ein weißes Tuch und große Geräte
Christa Hoffmann und Simone Hoffmann schildern ihre Erinnerungen an Filme der Defa
Womit anfangen? Mit meinen Lebensjahren kann es nur ein Bruchteil des Erlebten sein. Das Repertoire der Defa-Filme ist so vielfältig, dass ich mich in der Nennung der Filme auf eine bestimmte Gruppe beschränke.
Auch 75 Jahre nach Gründung der Filmgesellschaft verbinden viele Menschen in Deutschland prägende Erinnerungen mit den Filmen der Defa: sei es eine kritische Auseinandersetzung, einfach nur ein schöner Kinoabend mit Freunden oder ein ganz besonderer Moment. Welches Erlebnis oder welche Begebenheit in Ihrem Leben verbinden Sie, liebe Leserinnen und Leser, mit einem Defa-Film?
Schreiben Sie Ihre Geschichte auf und senden diese
unter dem Kennwort »Defa« per Mail an:
commune@nd-online.de
oder auf dem Postweg an:
Redaktion »nd«, nd.Commune
Franz-Mehring-Platz 1
10243 Berlin.
Die Liebe zum Film begann in der Kinderzeit. Ich war neun Jahre, als die Defa gegründet wurde, wuchs mit drei kleineren Geschwistern in einem kleinen Dorf auf. Für Unterhaltung sorgten wir Kinder selbst, indem wir unsere eigenen Spiele erfanden.
Eines Tages kam das Kino zu uns. Der Saal der Gaststätte wurde umfunktioniert, Stuhlreihen aufgestellt, auf der »Bühne« ein weißes Tuch gespannt, gegenüber wurden auf Tischen große Apparate aufgebaut. Für wenig Geld gab es am Nachmittag eine Vorstellung für Kinder. Das Rattern der Geräte, Flimmern der Bilder, auch mal ein Filmriss waren für Tage Gesprächsstoff. Der Film interessierte weniger, war wohl auch für die Erwachsenen in der Abendvorstellung gedacht.
Ab der 9. Klasse besuchte ich dann in der Kreisstadt die Schule. Hier gab es ein richtiges Kino - klein, aber fein. Kinobesuche mussten im Zeitplan genauestens berücksichtigt werden. Zu bestimmten Themen des Unterrichts, ob in Deutsch, Biologie, Geografie, Geschichte, gab es auch mal gemeinsame Filmbesuche.
Bei geschichtlichen Themen waren die anschließenden Diskussionen besonders interessant und manchmal auch aufschlussreich. Einige Filme aus meiner Jugend haben sich in mein Gedächtnis regelrecht eingebrannt, gingen mir nah und werfen heute wieder Fragen auf. Da sind zum Beispiel »Die Mörder sind unter uns«, »Professor Mamlock«, »Ehe im Schatten«, »Der Untertan«, »Vergesst mir meine Traudel nicht«, »Der krumme Anton«, »Schlösser und Katen«.
Auch für uns als junges Ehepaar war Kino oft unser Abendprogramm. Mit Freunden wurde über inhaltsreiche Filme diskutiert, wie zum Beispiel »Hans Beimler, Kamerad«, »Ich war neunzehn«, »Fünf Patronenhülsen«, »Sachsens Glanz und Preußens Gloria«, »Jakob der Lügner«, »Nackt unter Wölfen«, »Einer trage des anderen Last«. Welcher dieser Filme eine Defa-Produktion ist, weiß ich nicht genau. Aber jeder Film hatte uns etwas zu sagen.
Heute sind Judenhass, Ausländerfeindlichkeit, Frauenverachtung und Kriegsverherrlichung fast schon wieder salonfähig. Einige der genannten Filme zeigen, wohin solche Einstellungen führen - wie es ausging, hat meine Generation bitter erfahren müssen. Kindheitserinnerungen bleiben besonders fest im Gedächtnis.
Bei dem Wort »Defa« denke ich natürlich auch an viele andere Filme, die Produktion war für mich so vielfältig wie das Leben! Herrliche Kinderfilme, Indianer, Krimi, Natur, Liebe und vieles mehr - es war eine große Auswahl.
Christa Hoffmann, Herzberg
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.