Ausgestorbene wiederauferstanden

Erbgutanalyse der Judäischen Dattelpalme bringt Einblicke in längst vergangene Zeit

  • Lesedauer: 3 Min.

Die Judäische Dattelpalme galt als ausgestorben, bis vor einigen Jahren Pflanzen aus 2000 Jahre alten Samen gezogen werden konnten. Das Erbgut dieser wieder zum Leben erweckten Pflanzen haben Forscher in den Vereinigten Arabischen Emiraten nun untersucht. Die genetischen Veränderungen, die die Wissenschaftler bei den insgesamt sieben Pflanzen feststellten, spiegeln womöglich den wachsenden Einfluss der Römer im östlichen Mittelmeerraum wider, berichten sie im Fachjournal »PNAS«.

Die Judäische Dattelpalme gehört zu den Echten Dattelpalmen (Phoenix dactylifera) und wuchs über Jahrhunderte im östlichen Mittelmeerraum. »Der Ansatz der ›Auferstehungs-Genomik‹ ist ein bemerkenswert effektiver Weg, um die Genetik und Evolution vergangener und möglicherweise ausgestorbener Arten wie der Judäischen Dattelpalme zu untersuchen«, sagt Studienleiter Michael Purugganan von der New York University.

Erbgutuntersuchungen an alten Proben sind für die Forschung wie ein Fenster in die Vergangenheit. Sie ermöglichen es, die evolutionäre Geschichte und die Biologie von früheren Populationen und sogar von ausgestorbenen Arten zu studieren, etwa von Neandertalern, schreiben die Wissenschaftler. Pflanzen stellten dabei allerdings eine Herausforderung dar, weil pflanzliches Material anders als etwa Knochen häufig schnell vergehe und daraus - wenn überhaupt - meist nur geringe Mengen und zudem oft stark beschädigtes Erbgut gewonnen werden könne.

Einen Ausweg bietet die Nachzucht von Pflanzen aus Samen, die bei archäologischen Ausgrabungen gefunden wurden. Im Jahr 2008 berichteten Wissenschaftler die erfolgreiche Anzucht einer Judäischen Dattelpalme aus einem rund 2000 Jahre alten Samen. Die Forscher untersuchten nun das Erbgut dieser Pflanze und das von sechs weiteren - alle aus der Judäischen Wüste im heutigen Israel.

Diese Levante-Region zwischen Nordafrika und Westasien spielte im Lauf der Geschichte eine entscheidende Rolle sowohl bei der Ausbreitung des Menschen auf verschiedene Kontinente als auch für die Anfänge der Landwirtschaft.

Das Alter der Samen wurde mit der Radiokarbonmethode bestimmt, die ältesten stammten aus dem 4. Jahrhundert v. u. Z., die jüngsten aus dem 2. Jahrhundert u. Z.. Das Erbgut der Pflanzen erwiese sich als weitgehend intakt. »Trotz des fortgeschrittenen Alters vor der Keimung scheinen nicht wesentlich mehr Mutationen hinzugekommen sein«, schreiben die Autoren. Im Laufe der Zeit sammelten sich im Erbgut der Pflanzen Gene einer anderen Dattelpalmenart (Phoenix theophrasti) an, die heute etwa auf Kreta und einigen anderen griechischen Inseln wächst. Das weise auf einen zunehmenden Einfluss des Römischen Imperiums im östlichen Mittelmeerraum hin, schreiben die Forscher.

Außer den Dattelpalmen wurden auch andere Pflanzen bereits wieder zum Leben erweckt, unter anderem wurden 1300 Jahre alte Samen der Indischen Lotusblume und rund 30 000 Jahre alte Samen eines Leimkrauts zum Keimen gebracht.dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.