Höhere Bußgelder ab Spätsommer 2021

lösung im stvo-chaos: neuer bußgeldkatalog auf den weg gebracht

  • Lesedauer: 5 Min.

Damit geht ein unwürdiges Gezerre um einen neuen Bußgeldkatalog zu Ende. Der Streit vor einem Jahr hatte sich an den Fahrverboten für Temposünder entzündet. Nunmehr gab es einen überraschenden Durchbruch. Die Verkehrsminister verzichteten auf eine Verschärfung bei den Fahrverboten, dafür wurden die Bußgelder erhöht, teilweise fast um das Doppelte.

Wer zu schnell fahren in der Ortschaft für ein Kavaliersdelikt hält, der wird künftig vielleicht eher überlegen, ob er sich nicht doch lieber ans Tempolimit hält. Dabei kann bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 21 km/h wohl kaum noch von einem »Augenblicksversagen« die Rede sein.

Was der neue Bußgeldkatalog für die Verkehrsteilnehmer bedeutet und welche Änderungen für Fahrer von Kraftfahrzeugen bis 3,5 t Gesamtgewicht damit einhergehen, erklärt die Berliner CODUKA GmbH, Betreiber des Portals www.geblitzt.de .

Fahrverbote ab 26 km/h innerorts und ab 36 km/h außerorts mehr

Die für viele Kraftfahrer vermutlich wichtigsten Punkte sind die Regelungen zu drohenden Fahrverboten sowie die Bußgelder bei Tempoverstößen. Wer ein 30er-Schild innerorts übersieht (das sogenannte Augenblicksversagen), der muss den Führerschein in Zukunft nicht sofort abgeben, wie das noch in der letzten Novelle angestrebt wurde. Ein Fahrverbot wird erst bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 26 km/h innerorts und ab 36 km/h außerorts fällig. Außerorts gilt wie bisher § 4 Absatz 2 Satz 2 BKatV. Demnach wird ein Fahrverbot in der Regel im Wiederholungsfall innerhalb eines Jahres bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h verhängt. Auch auf die angedachte Gefahrenstellenregelung vor Schulen, Kindergärten oder Baustellen aus dem letzten Vorschlag wird scheinbar verzichtet.

»Dies ist tatsächlich ein Punkt, den wir in der neuen StVO grundsätzlich begrüßt hätten«, erklärt Jan Ginhold, Geschäftsführer und Betreiber von Geblitzt.de. »Hier hat man die Chance vertan, besonders schützenswerte Gruppen vor zu schnell fahrenden Verkehrsteilnehmern zu bewahren. Unserer Erfahrung nach wird an diesen Stellen aber selten schwerpunktmäßig überwacht. Es bleibt abzuwarten, ob an Gefahrenstellen geblitzt wird oder an den Stellen, an denen sich mehr verdienen lässt.«

Mehr Sicherheit für Radfahrer

Mit der Einigung der Verkehrsministerkonferenz ist auch endlich der Weg frei für die geplanten Regelungen für mehr Sicherheit im Radverkehr. Dazu gehört, dass Parken auf Radwegen stärker geahndet wird als bisher.

Klar ist, dass die Mehrheit der Verkehrsteilnehmer die Verkehrsregeln kennt und sich daran hält. Allgemein wäre es wünschenswert, dass wieder mehr Rücksichtnahme auf den Straßen einkehrt. Höhere Bußgelder für Autofahrer dürfen für dieses Ziel nicht das einzige Mittel bleiben. Denn nicht jeder Autofahrer, der einen Tempoverstoß begeht, ist ein Raser und nicht jeder Radfahrer ein Engel. Im Einzelfall dient ein Fahrverbot für rücksichtslose Schnellfahrer eher der Verkehrssicherheit als ein erhöhtes Bußgeld.

Bußgelder haben sich verdoppelt

Die Strafen für Geschwindigkeitsüberschreitungen haben sich im Vergleich zum ursprünglichen Bußgeldkatalog nahezu verdoppelt, wie man auch an den Bußgeldern innerorts sieht. Punkte und Fahrverbote bleiben hingegen wie gehabt. Bis zum Spätsommer 2021 soll der Bußgeldkatalog in Kraft treten.

Tempoüberschreitung innerorts

  • bis zu 10 km/h 30 Euro
  • 11 bis 15 km/h 50 Euro
  • 16 bis 20 km/h 70 Euro
  • 21 bis 25 km/h 115 Euro und 1 Punkt
  • 26 bis 30 km/h 180 Euro und 1 Punkt (1 Monat Fahrverbot bei Wiederholung)
  • 31 bis 40 km/h 260 Euro und 2 Punkte und 1 Monat Fahrverbot
  • 41 bis 50 km/h 400 Euro und 2 Punkte und 1 Monat Fahrverbot
  • 51 bis 60 km/h 560 Euro und 2 Punkte und 2 Monate Fahrverbot
  • 61 bis 70 km/h 700 Euro und 2 Punkte und 3 Monate Fahrverbot
  • über 70 km/h 800 Euro und 2 Punkte und 3 Monate Fahrverbot

»Ein positiver Aspekt ist, wie man bereits an den Verstößen innerorts sieht, dass es keinen «Geschwindigkeitsrabatt» wie beim letzten Vorschlag mehr gibt«, sagt Jan Ginhold dazu. »Damit wird der Vorwurf, dass es nur um Abzocke der ›kleinen Leute‹ geht, etwas gemildert. Im Unterschied zu der fehlenden Verhältnismäßigkeit zwischen Sanktionen bei geringeren und höheren Geschwindigkeitsverstößen, wurde nun die Verhältnismäßigkeit, wie man auch an den Sanktionen außerorts sieht, wiederhergestellt.«

Tempoüberschreitung außerorts

  • bis zu 10 km/h 20 Euro
  • 11 bis 15 km/h 40 Euro
  • 16 bis 20 km/h 60 Euro
  • 21 bis 25 km/h 100 Euro und 1 Punkt
  • 26 bis 30 km/h 150 Euro und 1 Punkt (1 Monat Fahrverbot bei Wiederholung)
  • 31 bis 40 km/h 200 Euro und 1 Punkt (1 Monat Fahrverbot bei Wiederholung)
  • 41 bis 50 km/h 320 Euro und 2 Punkte und 1 Monat Fahrverbot
  • 51 bis 60 km/h 480 Euro und 2 Punkte und 1 Monat Fahrverbot
  • 61 bis 70 km/h 600 Euro und 2 Punkte und 2 Monate Fahrverbot
  • über 70 km/h 700 Euro und 2 Punkte und 3 Monate Fahrverbot

»Allerdings reicht es nicht aus, die Bußgelder zu erhöhen. Die Bußgeldstellen müssen sicherstellen, dass Bußgeldverfahren fehlerfrei sind. Denn oft genug gibt es Defizite. Es wird auch die Belastung der Gerichte steigen. Höhere Sanktionen werden zu mehr Einsprüchen führen«, so Ginhold weiter.

Welche Änderungen gibt es noch?

Weitere Änderungen der StVO betreffen das Parken auf Geh- und Radwegen sowie das Halten in zweiter Reihe sowie auf Schutzstreifen. Dafür werden künftig 110 Euro fällig.

Weiterhin wurde auch der Rettungsgasse mehr Wichtigkeit beigemessen. Derjenige, der keine Rettungsgasse bildet, bekommt nun neben 200 Euro Bußgeld auch ein Fahrverbot aufgedrückt. Darüber hinaus wurde auch das Bußgeld für unberechtigtes Parken auf einem Schwerbehinderten-Parkplatz auf 55 Euro angehoben.

Ein neuer Tatbestand für das unberechtigte Parken auf einem Parkplatz für elektrisch betriebene Fahrzeuge ist ebenfalls eingeführt worden. Das Bußgeld beträgt hierfür 55 Euro. ots/nd

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