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Proteste gegen »rüstungspolitischen Scharfmacher«
Erneut wurde anlässlich der Rheinmetall-Hauptversammlung demonstriert: gegen die Militärindustrie und laxe Exportkontrollen
Der Rheinmetall-Konzern aus Düsseldorf steht schon seit Jahren im Fokus antimilitaristischer Kritik. Die hatte sich besonders bei den Jahreshauptversammlungen des Konzerns ausgedrückt, die vor allem die Kritischen Aktionär*innen regelmäßig zu einem Tribunal gegen Rüstungsexporte machten. Am Dienstag fand nun zum zweiten Mal die Hauptversammlung von Rheinmetall unter Pandemiebedingungen virtuell statt. »Das macht es uns schwerer, unsere Kritik den Verantwortlichen direkt vorzutragen«, erklärte Martin Singe vom Bündnis »Rheinmetall entrüsten«. Trotzdem zeigte er sich im Gespräch mit »nd« zufrieden über die Protestaktion am Dienstagvormittag vor der Konzernzentrale in Düsseldorf, an der sich etwa 60 Personen beteiligten.
Neben christlichen Kriegsgegner*innen waren auch die Stiftung Ethecon und die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner*innen (DFG-VK) vertreten. Mit einer Bombenattrappe machten die Antimilitarist*innen darauf aufmerksam, dass der Konzern Verantwortung für die Opfer von Kriegen wie aktuell im Jemen trägt, wo auch Rheinmetall-Bomben bei Angriffen auf zivile Ziele eingesetzt würden.
Die Teilnehmer*innen auf der Kundgebung verlangten von der Bundesregierung eine deutliche Verschärfung des Rüstungsexportkontrollgesetzes, die die zahlreichen Schlupflöcher für Waffenexporte über Tochterfirmen oder via multilateraler Produktionen stopfen solle. Redner*innen kritisierten auch das Zwei-Prozent-Aufrüstungsziel der Nato, das der Rheinmetall-Vorstand erfreut als Superzyklus bezeichnete. Von Antimilitarist*innen wurde Rheinmetall-Chef Armin Papperger als »rüstungspolitischer Scharfmacher« bezeichnet, der in seiner Funktion als Präsident des Bundes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie eine Bedrohung durch Russland behauptet.
Auch im niedersächsischen Unterlüß gab es am Dienstag vor der dortigen Rheinmetall-Niederlassung eine kleine Protestaktion. In Berlin organisierte zeitgleich zur virtuellen Jahreshauptversammlung das antimilitaristische Bündnis »Rheinmetall-Entwaffnen« vor der Konzern-Dependance in der Nähe des Brandenburger Tors eine Kundgebung. Dort wurde neben der Rüstungsproduktion auch kritisiert, dass Rheinmetall für die Ausstattung eines Gefechtsübungszentrums in der Altmark verantwortlich ist. In Sachsen-Anhalt probten Bundeswehrsoldaten für Auslandseinsätze, aber auch für Aufstandsbekämpfung weltweit, wie die Antimilitarist*innen kritisierten.
Das Gefechtsübungszentrum ist auch immer wieder Ziel von Begehungen durch Kriegsgegner*innen, die die Übungen behindern wollen. Daher werden sie oft wegen Hausfriedensbruchs angeklagt. Gerichtsort ist Bonn, weil dort das Bundesverteidigungsministerium seinen zentralen Standort hat.
Eine weitere Prozessserie gegen Antimilitarist*innen beginnt an diesem Mittwoch in Frankfurt am Main. Sie hatten im Februar 2020 das Foyer des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle in Eschborn besetzt, um gegen Rüstungsexporte von Konzernen wie Rheinmetall zu protestieren. Weil der Behördenleiter Anzeige wegen Hausfriedensbruchs, Körperverletzung, versuchter Gefangenenbefreiung, Widerstand, Nötigung und Rädelsführer*innenschaft stellte, müssen sich in den kommenden Wochen 30 Personen vor Gericht verantworten. »Wir werden die Prozesse solidarisch mit der Kampagne ›Für ein Ende der Gewalt‹ begleiten«, erklärte Christopher Vogel vom Solidaritätskomitee gegenüber »nd«.
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Mit einen mehrstündigen Tribunal in Frankfurt am Main gegen das Bundesamt bekräftigten die Antimilitarist*innen am Dienstag ihre Kritik an den Rüstungsexporten von Rheinmetall und Co. Sie machten dabei auch deutlich, dass die Proteste gegen Rheinmetall nach der Jahreshauptsammlung weitergehen werden. Ziel ist auch eine internationale Vernetzung des Widerstands, wie auf dem Tribunal deutlich wurde: Dort machte eine Rednerin des kurdischen Studierendenverbandes auf die tödlichen Folgen der Rüstungsexporte aufmerksam.
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