Die Band, die sich nie trennte

Abba verkünden ein Comeback, dabei hatten sie nie aufhören wollen

  • Frank Jöricke
  • Lesedauer: 3 Min.

Es war alles anders geplant gewesen. Ganz anders. Davon zeugt bereits der Name ihres letzten Albums. Abschiedswerke heißen »Let It Be« (Beatles), »Blackstar« (David Bowie) oder »Thanks For The Dance« (Leonard Cohen), aber doch nicht »The Singles - The First Ten Years«. Da will man als Zuhörer doch wissen, was die nächsten zehn Jahre hervorbringen!

Und Abba wollten es auch! Es war die Zeit, als man mit Langspielplatten noch richtig viel Geld verdienen konnte. Daher lohnte es sich, regelmäßig ein neues Album zu veröffentlichen. Verlässlich wie ein schwedischer Volvo brachten Abba zwischen 1973 und 1982 Jahr für Jahr ein neues Werk auf den Markt.

Selbst das Auseinanderbrechen der Ehen zwischen Agnetha Fältskog und Björn Ulvaeus sowie zwischen Benny Andersson und Anni-Frid Lyngstad schadete der Band nicht. Im Gegenteil. Die private Zerrüttung war der Stoff, aus dem Hits wie »One of us (is crying)« geformt wurden.

Auch »The day before you came« passt in dieses Schema. Ein Stück vertonte Tristesse, das zum Ergreifendsten gehört, was Benny und Björn je komponiert haben. Doch die Schwermut wirkte deplatziert in jenem magischen Popjahr 1982, als in Großbritannien ABC, Human League, Culture Club, Wham! und Dexy’s Midnight Runners die Euphoriepauke schlugen - der Song floppte. Ebenso wie der vertonte Hilfeschrei »Under attack«. Beide Singles schafften es in Großbritannien nicht mal in die Top 20.

Für die Band war dies ein derart traumatisches Erlebnis, dass man beschloss, das Projekt Abba vorübergehend auf Eis zu legen. Anni-Frid »Frida« und Agnetha veröffentlichten Soloalben, Benny und Björn komponierten das Musical »Chess«. Doch von Trennung war keine Rede. Noch 1984 traten Benny, Björn und Anni-Frid gemeinsam in Thomas Gottschalks Sendung »Na sowas!« auf. Benny betonte, dass es sich lediglich um eine Pause handele, man allerdings nicht wisse, wie lang diese Pause dauern werde.

So zogen die Jahre ins Land. House, Techno und Grunge kamen auf. In dieser musikalischen Welt war für Abba kein Platz mehr. Die Auszeit entpuppte sich - so schien es - als Ende. Doch jetzt, rund 40 Jahre später, da niemand mehr mit Abba-Liedern gerechnet hat, verkündet Björn in der »New York Times«: »Vor nicht allzu langer Zeit war ich mit zwei Frauen im Studio. Benny und ich haben einige neue Songs geschrieben, und es wird im Herbst neue Musik von Abba erscheinen. Aber ich darf nicht mehr darüber sagen.« Braucht er auch nicht! Wir freuen uns einfach und sind zugleich ein wenig traurig. Denn jener Björn bekannte in einem früheren Interview: »Wir hätten vermutlich noch ein Weilchen weitergemacht, wenn ›The day before you came‹ eine Nummer eins geworden wäre.« Man mag sich nicht vorstellen, welche Songs uns dadurch entgangen sind!

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