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Die EU hat es selbst in der Hand
Martin Ling über die Folgen falscher Migrations- und Entwicklungspolitik
Die Europäische Union ist erpressbar: Marokko, Türkei, Libyen. Es sind drei der Länder, mit der die EU vorzugsweise bei der Abwehr von Migranten zusammenarbeitet, das war schon unter Diktator Muammar al-Ghaddafi nicht anders. Die erste Auslandsreise des italienischen Premiers Mario Draghi ging nach Libyen. Migrationsabwehr stand oben auf der Themenliste.
»Warum sollen wir weiter die Polizisten spielen?« Diese Frage stellte der marokkanische Landwirtschaftsminister Aziz Akhannouch vor vier Jahren der EU ganz unverhohlen mit dem Verweis auf fehlende Gegenleistung. Zu allererst denkt Rabat dabei an die Anerkennung, dass die Westsahara zu Marokko gehört. Das war 2017 so und das ist 2021 so, als doch der bereits abgewählte US-Präsident Donald Trump diese Anerkennung noch als vergiftetes Abschiedsgeschenk hinterlassen hatte. Denn versprochen hatte die UNO beim Waffenstillstand 1991, ein Referendum über die Zukunft der Westsahara abzuhalten. Stillschweigend wurde es inzwischen aufgegeben, das Referendum durchzusetzen.
Marokko hat Oberwasser in Sachen Westsahara. Warum der EU nicht die eigenen Instrumente zeigen? Die zeitweilige Grenzöffnung zu Ceuta gehört da immer wieder dazu.
Die EU hätte die Möglichkeit, sich von dieser Erpressbarkeit zu befreien. Dafür müsste sie »nur« die Weichen für eine humanistische Migrationspolitik und für eine andere Entwicklungspolitik stellen. Kurzfristig legalen und zeitlich befristeten Zugang zu europäischen Arbeitsmärkten für viele zu schaffen – anstelle eines gefährlichen und illegalen Zugangs für die wenigen, die die Festungsgräben zu überwinden in der Lage sind. Und mittelfristig eine gemeinsame, solidarische Flüchtlings-, Handels- und Entwicklungspolitik auf den Weg bringen. Nicht einfach, aber machbar. Und Erpressung wäre passé.
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