Ökonomie für Kinder

Sieben Tage, sieben Nächte

Das Institut für ökonomische Bildung der Uni Oldenburg hat diese Woche deutschen Schülern »dramatische Mängel« in Sachen Wirtschaftswissen attestiert. Und das aktuelle Kindermagazin des »Spiegel« hat das Thema »Finanzwissen für Kinder« auf seine Titelseite gehoben. Wir wollen uns diesem Trend anschließen und bringen an dieser Stelle eine kindgerechte Aufklärung in Sachen Ökonomie. Heute: Krise in Kolumbien.

Kolumbien ist ein warmes Land, und wie in den meisten warmen Ländern gibt es dort viele arme Menschen. Das ist nun mal so. Als das Coronavirus ausbrach, mussten auch in Kolumbien viele Menschen zu Hause bleiben und konnten nicht arbeiten gehen. Und weil sie nicht arbeiten konnten, verdienten sie kein Geld. Und weil sie kein Geld verdienten, wurden sie noch ärmer, viele von ihnen hungerten.

Lebensmittel gab es zwar und auch Geld. Nur war das Geld nicht bei denen, die es brauchten, sondern bei Reichen, die es nicht brauchten. Und die Lebensmittel waren nicht bei denen, die Hunger hatten, sondern bei denen, die satt waren. Das nennen wir »Krise«.

Die Regierung von Kolumbien hat sich deswegen das Geld von den Reichen geliehen und einen Teil davon den Armen gegeben, damit die sich etwas zu essen kaufen können. Dadurch sind die Schulden der Regierung stark gestiegen. Das aber hat die Reichen nervös gemacht. Denn sie fürchteten: Wenn die Regierung immer höhere Schulden hat, kann sie uns die Kredite vielleicht nicht mehr zurückzahlen.

Die Regierung fürchtete daher, dass die Reichen - sie heißen »Investoren« - irgendwann immer höhere Zinsen von ihr verlangen würden. Denn im Kapitalismus muss immer der viel Geld für Kredite zahlen, der wenig davon hat und es besonders nötig braucht. Das nennen wir »Angebot und Nachfrage«.

Damit die Reichen beruhigt werden und nicht höhere Zinsen verlangen, hat die Regierung beschlossen: Wir nehmen den Kolumbianern das Geld wieder weg und zwar vor allem den Armen. Das nennt man »stabilitätsorientierte Steuerreform«. Dagegen haben die Armen protestiert. Daraufhin ließ die Regierung die Protestierer verprügeln und einige sogar erschießen. Sie dachte, so könne sie die »Investoren« beruhigen und ihr Vertrauen gewinnen. Dieses Vertrauen nennen wir »Kreditwürdigkeit«.

Die Leute haben aber nicht aufgehört zu protestieren. Daraufhin hat die Regierung ihre »Steuerreform« zurückgenommen. Das hat die »Investoren« aber dann doch nervös gemacht. Und das hat dazu geführt, dass die Zinsen dann doch gestiegen sind. Und jetzt weiß die Regierung nicht mehr so richtig, wie sie das Geld von denen, die es haben, zu denen bringen kann, die es nicht haben, damit die sich Lebensmittel von denen kaufen können, die sie haben, aber ohne Geld nicht hergeben.

So, das war’s. Nächste Woche sind Kryptowährungen dran. Dann erklären wir, wie etwas, das eigentlich gar nichts ist, 2000 Milliarden Dollar wert sein kann, also das Sechsfache der kolumbianischen Wirtschaftsleistung.

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