Pappkamerad Diktatur

Jana Frielinghaus über Ursachen von Rechtsradikalismus im Osten

Es ist Jahre her, dass in deutschen Zeitungen im Wochentakt Berichte über den »braunen Osten« erschienen. Darin fehlte selten der Verweis auf »die Diktatur« als angebliche Ursache für rechtsradikale Einstellungen. Nun hat Marco Wanderwitz, Ostbeauftragter der Bundesregierung, die Erzählung vom »diktatursozialisierten« Ossi wieder aus der Westentasche gezaubert.

Die DDR soll also 31 Jahre nach der »Wende« schuld am im Osten stärkeren Zulauf für die AfD sein. Wie praktisch, denn wer muss von drei Jahrzehnten neoliberaler Politik reden, wenn er auf ewig die SED und damit auch die Linke für alle Missstände verantwortlich machen kann? Dabei hat genau diese Politik im Osten Konkurrenzdenken und den Verlust von Vertrauen in Institutionen gefördert, die mit Recht nicht als demokratisch wahrgenommen werden. Schließlich gibt es selbst im Osten bis heute kaum mit Ostdeutschen besetzte Ministerien und Behörden. Abgesehen davon lebt mindestens ein Viertel der in der DDR Geborenen heute gar nicht mehr dort. Unterdessen schaffte es Sachsen-Anhalts Regierungschef Haseloff, das Niveau der Argumentation von Wanderwitz noch einmal zu toppen: Er macht »linke« Debatten über »Gendersprache« für ein wachsendes Frustpotenzial verantwortlich, das nun von der AfD »gehoben« werde.

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