Acht Teenies und eine Nonne für die Zukunft
Australisches Gericht urteilt, dass die Regierung junge Menschen vor der Klimakrise schützen muss
Das Urteil ist bedeutend im Kampf gegen den Klimawandel: Ein australisches Bundesgericht hat dieser Tage deutlich gemacht, dass die Regierung des Landes jungen Menschen keinen Schaden zufügen darf, indem sie den Klimawandel durch die Genehmigung von Kohleminen verschärft.
Die historisch bedeutsamen Aussagen fielen im Rahmen einer Klage, die acht Teenager und eine 86-jährige Klimaschützerin und Nonne im September 2020 eingereicht hatten, um eine Genehmigung für die Erweiterung einer Kohlemine zu verhindern. Der gewünschten einstweiligen Verfügung der Gruppe gab der Richter zwar nicht statt, doch seine Wortwahl wird wohl in die Geschichtsbücher eingehen. Denn Richter Mordecai Bromberg machte deutlich, dass die australische Umweltministerin Sussan Ley eine Sorgfaltspflicht gegenüber den jüngeren Generationen habe. Sie dürfe nicht so handeln, dass jüngere Menschen in der Zukunft einen Schaden davontragen könnten.
Auch wenn der Richter damit eine mögliche Genehmigung der Mine vonseiten des Umweltministeriums nicht unmöglich gemacht hat, so hat er doch ein wichtiges Zeichen gesetzt, wie David Barnden, der Anwalt der Gruppe sagte. Barnden nannte die Wortwahl des Richters »historisch« und »erstaunlich«. Denn es sei »das erste Mal auf der Welt, dass eine solche Sorgfaltspflicht anerkannt« worden sei. In der Verhandlung hieß es, eine Erweiterung der Mine würde dazu führen, dass zusätzliche 100 Millionen Tonnen CO2 in der Atmosphäre landeten.
Gegenüber dem »Guardian« sagte die 17-jährige Ava Princi, eine der Klägerinnen, dass sie »sehr froh« darüber sei, dass das Gericht diesen Präzedenzfall geschaffen habe. »Meine Zukunft und die Zukunft aller jungen Menschen hängt davon ab, dass Australien sich von Projekten für fossile Brennstoffe zurückzieht und gemeinsam mit der Welt die entscheidend wichtigen Klimaschutzmaßnahmen ergreift.« Auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg gratulierte.
In seinem Urteil brachte Richter Bromberg zudem zum Ausdruck, dass der »potenzielle Schaden«, den die Kinder durch die globale Erwärmung erleiden könnten, durchaus als »katastrophal« bezeichnet werden könnte. Die vorgelegten Beweise würden zeigen, dass eine Million der heutigen australischen Kinder in ihrem Leben mindestens eine Hitzestress-Episode erleiden werden, die so schwerwiegend sein könnte, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. »Viele Tausende werden durch Hitzestress oder Buschfeuerrauch vorzeitig sterben«, sagte der Richter. Außerdem werde es zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten und Sachschäden kommen. Das Great Barrier Reef werde wohl absterben und die meisten Eukalyptuswälder im Osten Australiens würden aufgrund wiederholter schwerer Buschbrände zugrunde gehen. Die schweren Buschfeuer 2019/2020 zerstörten bereits 17 Millionen Hektar Land und töteten geschätzte drei Milliarden Tiere, 33 Menschen kamen ums Leben.
Australiens Engagement gegen den Klimawandel wird regelmäßig von Forschern als mangelhaft angeprangert. Erst kürzlich klagte der Klimaforscher Simon Bradshaw, dass das Land sich sehr schwache Ziele gesetzt und sich dabei »auf eine Vielzahl von Tricks« verlassen habe, um diese zu erreichen. Zudem sei es zweifelhaft, ob Australien sein derzeitiges, »viel zu niedriges« Ziel, die Emissionen bis 2030 um 26 bis 28 Prozent unter das Niveau von 2005 zu senken, überhaupt erreiche.
Die Klage der Teenager und der Nonne ist nicht die einzige »Klimaklage« in Australien. Bereits im Juli 2020 klagte eine Studentin den australischen Staat wegen »Klimabetrugs« an. Sie wirft der Regierung vor, Investoren in Bezug auf das Klimarisiko in die Irre zu führen. Auch der UN-Menschenrechtsausschuss muss sich mit einer Beschwerde über die australische Regierung auseinandersetzen. Bereits 2019 haben Bewohner der Inseln in der Torres-Straße zwischen Australien und Papua-Neuguinea eine Petition in Genf eingereicht. In dieser werfen sie der australischen Regierung vor, ihre Menschenrechte verletzt zu haben, indem sie nicht ausreichend gegen den Klimawandel vorgeht. Einer der Inselbewohner schrieb damals in einer Erklärung, dass er fürchte, dass der Klimawandel erneut zu einer Art Kolonialisierung führen werde, wenn seine Leute aufgrund des steigenden Meeresspiegels ihr Land verlassen müssten und ihre Sprache, Kultur und Traditionen dann nicht mehr ausleben können. Entscheidungen stehen in beiden Fällen noch aus.
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