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Landeseigener Mietendeckel

Berliner Wohnungsbaugesellschaften dürfen Miete nur wenig erhöhen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 5 Min.

Die Mieten der sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften werden dieses Jahr nicht mehr steigen. Ab 2022 dürfen die Unternehmen mit über 330 000 Wohnungen die Miete bis 2025 jährlich nur um maximal ein Prozent anheben. Anschließend soll die Inflationsrate der Maßstab sein. Entsprechende Erhöhungsverlangen dürfen ab Jahreswechsel verschickt werden. Das hat der Berliner Senat am Dienstag beschlossen.

Aufgrund des vom Bundesverfassungsgericht kassierten Mietendeckels abgesenkte Mieten dürfen ebenfalls ab 2022 »schrittweise auf maximal die ortsübliche Vergleichsmiete angehoben werden«, wie Vize-Senatschef und Kultursenator Klaus Lederer (Linke) auf der Senatspressekonferenz am Dienstag verkündete. Jährlich darf die Miete dabei um maximal 2,5 Prozent angehoben werden. Mieter müssten »frühzeitig und umfassend darüber informiert werden, was ihnen ins Haus steht«, so Lederer weiter.

Bei Wiedervermietung soll die ortsübliche Vergleichsmiete abzüglich zehn Prozent die Regel sein, als Untergrenze gilt jedoch die Vormiete. Ausnahmeregelungen soll es geben, falls das Wohnungsunternehmen belegen kann, dass die Miete die ihnen entstehenden Kosten nicht deckt, beispielsweise bei Häusern, für die das Vorkaufsrecht ausgeübt worden ist. Die Stadtentwicklungsverwaltung muss das allerdings genehmigen.

»Der Berliner Mieterverein begrüßt die Korrektur der Senatsvorlage, mit der die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften nun gehalten sind, Kernelemente des Mietendeckels in ihrer Mietpreisgestaltung fortzuführen«, sagt dessen Geschäftsführer Reiner Wild zu »nd«. Er weist Vermutungen »entschieden zurück, dass mit diesem Beschluss des Senats zur Mietenregelung die Mietpreise der städtischen Wohnungsunternehmen nicht mehr in den Mietspiegel einfließen dürfen«. Das sei »barer Unsinn«, selbstverständlich könne ein Eigentümer sich selbst in der Mietenfestlegung begrenzen.

Das vor zwei Wochen erstmals von Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) und Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) vorgelegte Mietenkonzept sah deutlich höhere Mieterhöhungsspielräume vor, scheiterte aber am Widerstand von Linken und Grünen (»nd« berichtete). Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften rechnen nun mit bis zu 150 Millionen Euro Mindereinnahmen in den nächsten fünf Jahren. »Aus einer stadtökonomischen Perspektive wird das vermutlich für das Land Berlin eine sehr, sehr positive Entwicklung sein«, erklärt Lederer dazu.

Auf Koalitionskrawall stehen allerdings die Zeichen beim vom Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Finanzsenator Kollatz eingefädelten geplanten Ankauf von rund 20 000 Wohneinheiten der Konzerne Vonovia und Deutsche Wohnen in der Hauptstadt im Zuge von deren Fusion durch landeseigene Wohnungsbaugesellschaften. Zehn Minuten vor Beginn der Pressekonferenz am Dienstag vergangener Woche seien die Spitzen aller Fraktionen telefonisch vom Finanzsenator über den Deal informiert worden, heißt es bei Linkspartei und Grünen unisono.

»Der ganze Vorgang ist befremdlich«, sagt Katina Schubert, Landeschefin der Berliner Linkspartei, zu »nd«. »Eine dezidierte Vorab-Information an die Partner gab es nicht«, berichtet Grünen-Co-Fraktionschefin Antje Kapek dem »nd«. Sie sei »hochgradig irritiert«.

Am vergangenen Donnerstag dann der nächste Affront. In einem dreiseitigen Brief mit offiziellem Berlin-Logo informierten der Regierende Bürgermeister Müller sowie Finanzsenator Kollatz über weitere Details der Vereinbarung. Unter anderem wird erstmals offenbart, wo die anzukaufenden Wohnungen liegen sollen. Neben den in der Pressekonferenz genannten Beständen im Spandauer Falkenhagener Feld und der Thermometersiedlung in Lichterfelde soll es sich laut dem »nd« vorliegenden Schreiben unter anderem noch um Wohneinheiten rund um das Kottbusser Tor, die High-Deck-Siedlung an der Sonnenallee in Neukölln sowie den Ernst-Lemmer-Ring in Zehlendorf handeln.

Der Brief richtet sich allerdings nur an sozialdemokratische Genossinnen und Genossen. »Es ist befremdlich, dass Briefe an die Partei geschrieben, aber weder Parlament noch Koalitionspartner informiert werden«, sagt Katina Schubert. »Es gibt die deutliche Erwartung, dass der Finanzsenator dem Parlament die Eckdaten, was da vereinbart worden ist, schleunigst offenlegt«, sagt Klaus Lederer. Thema in der Senatssitzung sei das nicht gewesen, erklärt Wirtschaftssenatorin und Vize-Senatschefin Ramona Pop (Grüne). »Auch ich gehe davon aus, dass die Eckdaten dann entsprechend in der Koalition besprochen werden«, so Pop weiter.

Keines der zuständigen Gremien im Abgeordnetenhaus sei bisher weitergehend informiert worden. Weder der Beteiligungsausschuss noch der Hauptausschuss oder die Fraktionsvorsitzenden, echauffiert sich Antje Kapek von den Grünen. »Der sehr ambitionierte Zeitplan würde auch Sondersitzungen des Parlaments in der Sommerpause implizieren«, gibt sie zu bedenken. Das Geschäft soll noch vor der Wahl im September unter Dach und Fach gebracht werden. »Im Moment fühlt es sich an, als würden wir die Katze im Sack kaufen«, sagt Kapek. Weder gebe es Klarheit über die Bestände, den Preis, mögliche Sanierungskosten der Bestände und auch weitere Folgekosten wie die Umfeldentwicklung.

»Man sollte lieber auf das Ergebnis schauen, als nachzuziehen, wer wann wen informiert hat«, heißt es dazu knapp aus Senatskreisen.

Bei der Initiative Kotti & Co fühlt man sich vor allem »überrumpelt«, wie es auf nd-Anfrage heißt. Man habe erstmals durch den SPD-Brief erfahren hat, dass auch die Wohnungen rund um das Kottbusser Tor Teil des Deals sind. »Es ist zwar gut, wenn rekommunalisiert wird, aber die Frage ist schon, zu welchem Preis und zu welchen Bedingungen?«, so einer der ersten Gedanken, die in ersten Gesprächen dazu fielen. Intern wird nach nd-Informationen von einer Spanne für den Kaufpreis zwischen 2,5 bis 3,5 Milliarden Euro gerechnet. Die Deutsche Wohnen habe ohne große Investitionen viele Gewinne aus den Beständen gezogen und nun werde ihr der Ausstieg auch noch vergoldet.

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