Struktureller Rassismus bei Corona

Britische Studie zu Gründen für hohe Covid-Betroffenheit von ethnischen Minderheiten

Anders als in Deutschland hat man in Großbritannien keine Bedenken, Daten zur unterschiedlichen Corona-Situation in ethnischen Gruppen zu erheben. Dies kann nämlich wichtig sein, um gegebenenfalls Impfkampagnen und andere Schutzmaßnahmen darauf abzustimmen. Im Vergleich zu weißen Bürgern ist die Covid-19-Todesrate unter den beiden Hauptminderheitengruppen zwei bis viermal so hoch. Dazu gezählt werden die »Blacks«, Schwarze mit Wurzeln in Afrika und der Karibik, und die »Asians«, also Südasiaten aus Indien und den Nachbarstaaten. Forscher unter Leitung der Epidemiologin Rohini Mathur von der London School of Hygiene and Tropical Medicine haben deren Situation jetzt genauer unter die Lupe genommen. Dabei konnten sie auf elektronische Gesundheitsdaten von Hausärzten im Landesteil England zurückgreifen.

In der kürzlich im Fachblatt »Lancet« veröffentlichten Studie - mit über 17 Millionen Teilnehmern die weltgrößte ihrer Art - wurde eine Vielzahl erklärender Variablen wie Haushaltsgröße, soziale Faktoren und Vorerkrankungen in fünf ethnischen Haupt- und 16 Untergruppen berücksichtigt. Der Hauptbefund: »Ethnische Minderheiten in Großbritannien sind überproportional von Faktoren betroffen, die auch das Risiko für schlechte Covid-19-Ergebnisse erhöhen, etwa das Leben in benachteiligten Gebieten, Arbeiten an vorderster Front und ein schlechterer Zugang zur Gesundheitsversorgung«, so Hauptautorin Mathur. Doch selbst wenn man diese Faktoren herausrechne, bleibe ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf im Vergleich zu weißen Engländern.

Daneben gibt es wichtige Details: In der ersten Pandemiewelle war das Risiko, wegen Corona auf der Intensivstation zu landen, für alle ethnischen Minderheiten doppelt so hoch wie für weiße Engländer, bei schwarzen Menschen sogar mehr als dreimal. Deutlich höher war auch das Risiko, positiv auf Corona getestet zu werden. Laut den Autoren könnte das am mangelnden Zugang zu Teststellen liegen und daran, dass viele sich erst spät testen ließen, da im Fall einer Quarantäne wegen ungesicherter Beschäftigung Verlust von Job und Einkommen drohte. In der zweiten Welle glichen sich die Risiken schwerer Krankheitsverläufe an - deutlich höher war es aber bei einzelnen südasiatischen Gruppen. Neben dem höheren Alter und häufigeren Vorerkrankungen könnte auch die Größe der häufig Drei-Generationen-Haushalte ein Grund sein. Diese seien aber »wichtige informelle Pflegenetzwerke«.

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Neben besserer Vor-Ort-Gesundheitsversorgung und Präventionsmaßnahmen, »die den Bedürfnissen der ethnisch vielfältigen Bevölkerung entsprechen«, fordern die Autoren eine bessere Einbindung der »Communities« in die Impfkampagnen. Epidemiologin Mathur hat eine weitere Botschaft für die Politik: »Um die Covid-19-Ergebnisse zu verbessern, müssen wir dringend die größere Benachteiligung ethnischer Minderheiten und den strukturellen Rassismus bekämpfen.«

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