Kinderrechte kommen nicht ins Grundgesetz
Initiative der Großen Koalition erzielt keine Einigung mit der Opposition über den Wortlaut
Die Ankündigung der Großen Koalition war vollmundig: »Wir werden Kinderrechte im Grundgesetz ausdrücklich verankern« - so stand es im Koalitionsvertrag. Dabei war klar, dass für eine Grundgesetzänderung Zweidrittelmehrheiten im Parlament wie im Bundesrat notwendig sein würden und damit bräuchte es auch Stimmen der Opposition. Die Verhandlungen darüber sind am Montagabend gescheitert, wie Bundesjustizministerin Christine Lambrecht mitteilte. Sie sei als Ministerin und auch persönlich »zutiefst enttäuscht darüber«, erklärte die SPD-Politikerin. Der Union und der Opposition habe der Wille für einen Kompromiss gefehlt. »Dies ist besonders schade, weil wir kurz vor einer Einigung standen und diese Gelegenheit so schnell nicht wiederkommen wird.«
Die Koalition wollte in dem Artikel 6 des Grundgesetzes unter anderem ergänzen, dass das Kindeswohl bei Entscheidungen künftig »angemessen« berücksichtigt werden soll. Ein von dem Justizministerium ausgearbeiteter Entwurf kam auch durchs Kabinett, scheiterte aber in den weiteren Verhandlungen. Kinderrechtsorganisationen, der Deutsche Anwaltverein und die Grünen forderten, dass es eine Verpflichtung des Staates geben müsse, das Kindeswohl »vorrangig« zu berücksichtigen, wie es auch in der EU-Grundrechtecharta formuliert ist. Die Unionsparteien fürchteten dagegen, dass es in einer weiteren Passage des diskutierten Wortlauts zu einer Beschneidung der Elternrechte kommen könnte.
Das Aktionsbündnis Kinderrechte, dem unter anderem das Deutsche Kinderhilfswerk, der Kinderschutzbund und Unicef Deutschland angehören, äußerte sich enttäuscht. »Die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, dass Kinderrechte bisher zu häufig übergangen werden«, erklärte es am Dienstag. »Kinder und ihre Familien hätten mehr Kompromissbereitschaft und Rückhalt über alle Parteien hinweg verdient.«
Norbert Müller, kinder- und jugendpolitischer Sprecher der Linksfraktion, forderte, dass nach der Bundestagswahl die Verhandlungen umgehend wieder aufgenommen werden müssten.
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