Ein Kobold namens Trauer

Eine Publikation für Kinder beschäftigt sich mit dem Thema Suizid

  • Silvia Ottow
  • Lesedauer: 2 Min.

Sehnsüchtig wartet Paul im Kindergarten auf Ben, seinen besten Freund. Er ist so wichtig für ihn. Als er den vertrauten Spielkameraden zusammen mit dem Vater aus dem Fenster erblickt, meldet sich der kleine Kobold in seinem Bauch wieder, den er neuerdings mit sich herumschleppt und der ihn zwickt und zwackt, wenn er an seinen eigenen Papa denkt. Pauls Papa ist nicht mehr am Leben. Und das tut weh, sehr weh.

Papa war immer traurig, erinnert sich Paul. Selbst er oder Mama, die ihn unglaublich lieb hatten, konnten daran nichts ändern. Es war eine Krankheit, hat ihm Mama erklärt. Zuerst hatte sein Papa noch vieles versucht, um sie wieder loszuwerden und zu gesunden. Doch als das nicht gelang, hatte Papa es irgendwann nicht mehr aushalten können. Er beging Suizid.

Jedes Jahr nehmen sich über 9000 Menschen in Deutschland das Leben. Die meisten sind Männer, oft befinden sie sich im fortgeschrittenen Alter um 60. Doch auch Kinder sind unter den Betroffenen. Der Verein »Angehörige um Suizid« (AGUS) versucht seit fast zwei Jahrzehnten, Angehörigen und Freunden zu helfen, die sich die Schuld am Tod ihres geliebten Mitmenschen geben und darüber selbst krank werden. Der Verein aus Bayern organisiert Veranstaltungen zur Trauerbewältigung, gibt Broschüren und Bücher heraus, sorgt für Öffentlichkeit und Informationsaustausch, will Trauernden helfen, nicht in ihrem Leid zu versinken. Das Bilderbuch von Wolle, Paul und Papas Stern entstand als Projekt der AGUS, gefördert wurde es von der Techniker Krankenkasse und der Martin-Wilhelm-Glücksstiftung in Kiel.

Die Geschichte des kleinen Paul, der seinen Vater verlor und nun mit dem Kobold namens Trauer in seinem Bauch kämpfen muss, ist traurig, aber nicht nur. Wie Paul lernt, dass es nichts hilft, seine Wut an Ben auszulassen oder sein liebstes Kuscheltier nachts im Gebüsch auszusetzen, hat durchaus komische Momente. Marianne Loibl erzählt unaufgeregt und nachvollziehbar. Gabi van der Straeten schafft eine gemütliche, bunte Lebenswelt, die selbst in den verzweifelten Momenten der kleinen Familie durch Klarheit und liebenswerte Schönheit im Detail Zuversicht ausstrahlt. Ein wenig erinnert der einfache Strich, mit dem sie die Welt eines kleinen Kindes bei Tag und Nacht skizziert, an berühmte Vorbilder wie Antoine de Saint-Exupéry.

Marianne Loibl, Gabi van der Straeten: Wolle, Paul und Papas Stern. AGUS e. V./Techniker Krankenkasse, 36 S., zu beziehen gegen Portokosten über die AGUS unter 0921/1500380 oder per Mail über kontakt@agus-selbsthilfe.de.

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