Zwei besser als einer?

Studien zur Covid-19-Impfung mit unterschiedlichen Vakzinen belegen Wirksamkeit

  • Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 5 Min.

War hierzulande im März die Nachfrage nach einer Impfung gegen Covid-19 noch deutlich größer als das Angebot an Impfstoffen, so scheint sich dieses Verhältnis derzeit umzukehren. Inzwischen sind mehr als 49 Millionen Menschen in Deutschland wenigstens einmal, 36,4 Millionen komplett geimpft.

Die zunehmende Verbreitung neuer Mutanten des Erregers Sars-CoV-2 und ein besseres Impfstoffangebot dürften der Hauptgrund für die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) sein, allen Menschen, die den Astra-Zeneca-Impfstoff »Vaxzevria als erste Impfstoffdosis erhalten haben, unabhängig vom Alter einen mRNA-Impfstoff als zweite Dosis mit mindestens vierwöchigem Impfabstand zur ersten Impstoffdosis« zu verabreichen. Denn zum einen zeigten schon die Zulassungsstudien für Vaxzevria einen geringeren Infektionsschutz als bei den beiden mRNA-Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna. Zum anderen erwies sich in Großbritannien und Südafrika das Astra-Zeneca-Präparat als deutlich weniger effektiv gegen die Mutanten Alpha und Beta. Dazu kommt, dass für jüngere Impflinge ein geringfügig erhöhtes Risiko von Thrombosen nach den Astra-Zeneca-Impfungen beobachtet wurde. Deshalb hatte die Stiko für die unter 60-jährigen schon zuvor empfohlen, nach der Erstimpfung mit Vaxzevira die zweite Impfung mit einem der beiden mRNA-Impfstoffe vorzunehmen. Das erlaubt auch, den zeitlichen Abstand zur Erstimpfung zu verkürzen.

Während Virologen wie der an der Uni Halle lehrende Alexander Kekulé die Stiko-Empfehlung für längst überfällig halten, ist unklar, wie viele Menschen die auf alle Altersgruppen ausgeweitete Empfehlung in Deutschland tatsächlich betrifft. Das Robert-Koch-Institut gibt an, dass von den etwa neun Millionen Menschen, die zuerst mit Vaxzevria geimpft worden waren, 2,8 Millionen auch die Zweitimpfung mit demselben Vakzin bekamen. Da Angaben über die Altersverteilung fehlen und anscheinend bei Zweitimpfungen mit Moderna oder Biontech nicht zentral erfasst wurde, was die jeweiligen Impflinge als erste Dosis bekamen, ist offen, ob es sich nur noch um wenige hunderttausend Personen handelt. Insofern sind die Ergebnisse der in den vergangenen Monaten durchgeführten Studien zu den heterologen Impfungen vor allem interessant für Länder, deren Impfstoffversorgung bislang stockend verlief.

Erste kleine Studien in Spanien und Deutschland mit einer Kombination des Vektorimpfstoffs von Astra-Zeneca und einem der mRNA-Vakzine zeigen eine stärkere Antikörper-Reaktion dieser sogenannten heterologen Impfung. Überdies ergab eine noch nicht begutachtete Studie von Wissenschaftlern der Universität des Saarlands, das die heterologe Impfung bei der Bildung der Killer-T-Zellen sogar besser abschneidet als eine zweimalige Impfung mit dem Biontech-Impfstoff, wie die Hauptautorin Martina Sester feststellte. Das bietet womöglich mehr Schutz gegen die zunehmend verbreitete Delta-Mutation.

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Nachteil der bisher publizierten Arbeiten zu derartigen Kombinationsimpfungen ist allerdings nicht nur die relativ kleine Zahl der beteiligten Probanden, in der Regel nur einige Hundert gegenüber den Tausenden in den Zulassungsstudien. Es sind allesamt Studien, bei denen Laborwerte ermittelt wurden: wie viele Antikörper gegen das Virus überhaupt gebildet werden, wie viele davon neutralisierende sind und welche spezifischen Immunzellen sich nach den Impfungen im Blut finden. Ob und wie gut die heterologen Impfungen im realen Leben gegen die einzelnen Mutanten schützen, lässt sich daraus nur bedingt ableiten, bemängelt ein redaktioneller Text im Wissenschaftsjournal »Science«. Und auch die Immunologin Sester sieht in dieser Richtung noch Forschungsbedarf. »Solange man keine Langzeit- oder Folgestudien mit Wirksamkeitsberechnungen hat, ist es schwer zu sagen, wie stark der Schutz ist oder wie lange er anhält«, wird sie im Fachjournal »Nature« zitiert.

Britische Forscher von der Universität Oxford haben inzwischen mit dem Projekt Com-Cov eine umfassendere Untersuchung zu heterologischen Impfschemata gestartet. Sie wollen die Vergleiche auf weitere Kombinationen ausweiten und dabei auch untersuchen, ob Immunschutz und mögliche Nebenwirkungen in verschiedenen ethnischen und Altersgruppen sowie nach Geschlecht unterschiedlich ausfallen.

Zwischenergebnisse einer ersten Studie zu Nebenwirkungen bei Kombinationen aus den Impfstoffen von Astra-Zeneca, Biontech und Moderna stellten sie im Fachblatt »The Lancet« vor. Danach seien Nebenwirkungen wie Muskelschmerzen oder Durchfall bei den heterologen Impfungen nach der Zweitimpfung häufiger aufgetreten als bei homologen Impfungen mit einem der drei Vakzine. Dabei war es auch unerheblich, ob als Erstimpfung der Vektorimpfstoff von Astra-Zeneca oder einer der beiden mRNA-Impfstoffe gespritzt wurde. Die Studie in Spanien allerdings ergab keine signifikanten Unterschiede bei den Nebenwirkungen. Ernsthafte Nebenwirkungen traten bei beiden Studien nicht auf. Allerdings ist die Datenbasis mit 830 (Oxford) und 600 Probanden (Spanien) recht überschaubar.

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Neben Kombinationen von Vektorimpfstoffen mit mRNA-Impfstoffen werden derzeit weltweit auch andere Varianten geprüft. So wird eine weitere Studie aus Oxford auch den Protein-Impfstoff Novavax einbeziehen. Und in Aserbaidshan läuft eine Studie zur Kombination zweier Vektorimpfstoffe - Sputnik V plus Vaxzevria. In den Philippinen untersucht man Kombinationen mit dem chinesischen Impfstoff Coronavac, der aus inaktivierten Viren besteht. Ähnlich wie in Oxford sollen Kombinationen mit allen anderen sechs im Lande zugelassenen Vakzinen untersucht werden.

Ob und wo Kombinationsimpfungen bei der Einreise anerkannt werden, ist im Moment noch offen. Die USA und Australien etwa sind bisher nicht für solche Verfahren.

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