Weiblicher Blick

Regisseurin Julia Ducournau gewann die Goldene Palme in Cannes

Die Liste der Werke von Filmregisseurin Julia Ducournau, Jahrgang 1983, ist noch kurz. Der erste Langfilm in ihrer Verantwortung, »Raw«, feierte 2016 seine Premiere bei den Filmfestspielen in Cannes. Ihr neuester Film, »Titane«, wurde in diesem Jahr bei dem gleichen Festival gezeigt. Und Ducournau wurde dafür am Sonnabend mit der begehrten Goldenen Palme, dem wichtigsten Preis des cineastischen Großereignisses, ausgezeichnet.

Die Französin, die ein Studium an der Pariser Filmhochschule Le Fémis absolvierte, hat sich einem außergewöhnlichen Genre verschrieben: dem anspruchsvollen Horrorfilm. Sie ist eine junge Meisterin der überwältigenden Bildregie. »Raw« ruft - wenig appetitanregend dargestellt - die Themen Blutdurst, Kannibalismus und sexuelle Ekstase auf. Kulturgeschichtlich lang tradierte Motive. Aber die Heftigkeit der Bilder in dem Film zeitigte eine nicht zu unterschätzende Wirkung: Bei einer Filmvorführung in Kanada sind zwei Menschen in Ohnmacht gefallen, weitere Zuschauer litten unter starker Übelkeit - bis zum Sanitätereinsatz. Der fantastische Film »Titane« wartet wiederum mit einer Menge brutaler Gewalt und Sex auf. Über die abgründige Kunst von Julia Ducournau gäbe es also einiges zu sagen. Der mediale Tenor kapriziert sich allerdings auf einen ganz konkreten Punkt, der wenig mit den Filmen zu tun hat: Ducournau ist eine Frau.

Warum ist das wichtig? Frauen sind doch aus der Filmwelt gar nicht wegzudenken. Aber: Es scheint, als wäre der Platz der Frau im Film der in Nahaufnahme auf der Leinwand - oder als erste, zweite oder dritte Regieassistentin genialer Männer. Und so muss man sich vor Augen führen, dass bei den Filmfestspielen in Cannes, die zum 74. Mal stattfinden, mit Ducournau erst zum zweiten Mal - nach Jane Campion, die 1993 für den Film »Das Piano« prämiert wurde - einer Frau die Goldene Palme verliehen wird.

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