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Tanz der Kulturen
Marie Frank über das Tanzverbot des Bezirks im Strandbad Plötzensee
Es ist ein Kampf der Kulturen, der zurzeit in Mitte ausgetragen wird. Genauer gesagt: ein Kampf um die Kultur und was darunter eigentlich zu verstehen ist. Dass der Bezirk die lange geplante »Pornceptual«-Party im Strandbad Plötzensee plötzlich verbietet und auch sonst keine Tanzveranstaltungen in dem beliebten, aber kaum einträglichen Weddinger Strandbad haben will, klingt zunächst einmal nach Prüderie. Die grüne Stadträtin will offenbar keine Fetisch-Partys in ihrem Bezirk und überhaupt generell keine »Tanzlustbarkeiten«. Begründet wird das strikte Feierverbot in der »Plötze« damit, dass dadurch angeblich Familien abgeschreckt würden. Nun wirft dies zum einen die Frage auf, was für ein verengtes Familienbild hier eigentlich zugrunde gelegt wird. Als könnten Menschen, die auf Leder und nackte Haut stehen oder einfach mal gern das Tanzbein schwingen, nicht auch Familien haben. Und als ob der öffentliche Raum nicht für alle da ist: Tagsüber planschen, abends tanzen - wo ist das Problem?
Doch es geht um mehr als das. Es geht auch darum, was in dieser Gesellschaft als Kultur anerkannt wird und was nicht. Ein Theater im Strandbad ist für den Bezirk nämlich kein Problem - doch geht es um Raves oder, schlimmer noch, Fetisch-Partys, hört das Verständnis offenbar auf. Aber Kultur besteht nicht nur aus Theater, klassischer Musik und Lesungen. Auch Techno-Partys, Hip-Hop-Konzerte, ja sogar Punkmusik gehören dazu. Das muss man nicht mögen, aber es ist ein untrennbarer Teil dieser vielfältigen und bunten Stadt. Alle Kulturbranchen haben in der Pandemie gelitten - und sie alle haben das Recht, im öffentlichen Raum ihre Kultur ausleben zu können, solange die Inzidenzen das zulassen. Hier Tanzverbote auszusprechen, ist nicht nur engstirnig, sondern auch freiheitsfeindlich.
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