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Bildungsschere hat sich weiter geöffnet

Während der Pandemie ist in Italien durch Schulschließungen die Bildungsungleichheit gewachsen

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.

Jetzt ist es offiziell: Durch die Corona-Pandemie - oder besser gesagt durch die häufigen Schulschließungen, den Fern- und den Wechselunterricht - sind bei den italienischen Schülern und Schülerinnen enorme Lücken entstanden, von denen heute noch niemand weiß, wie und wann sie wieder geschlossen werden.

Einmal im Jahr führt das Evaluierungsinstitut Invalsi normierte Tests bei mehr als einer Million Schülern in den Fächern Italienisch, Mathematik und Englisch durch. Das geschieht jeweils in der 5., der 8. und 13. Klasse in ganz Italien, um den durchschnittlichen Wissensstand in den Schulen zu evaluieren. Dieses Jahr sind die Ergebnisse durchweg verheerend. Allerdings mit einer Ausnahme: in der Elementarstufe (5. Klasse) haben die Schüler heute in etwa die gleichen Ergebnisse wie Gleichaltrige im vergangenen Jahr erzielt. Das - so die Experten - hat vor allem zwei Gründe: Zum einen sind die Schulen hier später geschlossen und früher geöffnet worden als bei den Älteren. Zum anderen können in dieser Stufe die allermeisten Eltern ihre Kinder noch unterstützen.

Aber schon in der Mittelstufe (das italienische Schulsystem teilt die Kinder erst nach der 8. Klasse auf die unterschiedlichen weiterführenden Schultypen auf) zeigen sich die Lücken. Im Italienisch-Test haben 39 Prozent der Schüler nicht den geforderten Wissensstand erreicht, und das sind fünf Prozentpunkte mehr als 2019. In Mathematik sind es sogar 45 Prozent (plus sechs Prozentpunkte). In der Fremdsprache Englisch lagen die Ergebnisse nur geringfügig unter denen von 2019, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass die Schüler länger am Computer saßen und bei dieser Beschäftigung immer wieder mit englischen Vokabeln konfrontiert waren.

In allen Fächern sind die Lücken bei den Schülern aus Familien mit niedrigem Einkommen deutlich größer geworden. Dazu kommt, dass die Anzahl der »guten« Schüler aus diesen unterprivilegierten Familien stark abgenommen hat, was wohl beweist, wie wichtig die Schule mit Präsenzunterricht gerade in diesen Fällen ist.

Auch die territorialen Unterschiede haben sich verschärft: In den süditalienischen Regionen hat mindestens die Hälfte der Schüler im untersuchten Zeitraum die festgelegten Bildungsziele nicht erreicht.

In der Oberstufe (die Tests wurden in den Abiturklassen durchgeführt) entfallen die schlechtesten Ergebnisse ebenfalls auf das Fach Mathematik. Hier verfügen 51 Prozent der Schüler nicht über das durchschnittliche Wissen, 9 Prozentpunkte über dem Wert von vor zwei Jahren. Ähnlich schlechte Ergebnisse gab es in Italienisch. Aber auch in Englisch sieht es nicht viel besser aus mit einem Plus von 3 Prozent der Schüler, die das vorgegebene Ziel nicht erreicht haben.

In dieser Altersstufe sind die regionalen Unterschiede besonders groß: Die Unterschiede beim Bildungsniveau der Schüler in den ärmeren Gegenden im Süden und den reicheren im Norden sind gewachsen. Am schlechtesten ist es um die Abiturienten in Kalabrien und Kampanien (Neapel) bestellt, und das gilt vor allem für Mathematik. Aber auch in Italienisch und Englisch sind die Ergebnisse verheerend.

Anna Maria Ajello, Vorsitzende des mit den Tests beauftragten Instituts, beklagt vor allem, dass so viele junge Menschen die Schulen jetzt ohne ausreichende Kompetenzen verlassen und dadurch »schlechte Perspektiven haben, sich erfolgreich in der Gesellschaft einzubringen«. Das Problem düsterer Berufsaussichten betreffe gesamtitalienisch 9,5 Prozent der Schulabgänger, aber in Kalabrien zum Beispiel 22,4 Prozent. »Daran ist die Politik nicht ganz unschuldig«, sagt Ajello. »In einigen Regionen waren die Schulen besonders lange geschlossen, ohne das es einen Ausgleich dafür gab. Gerade in diesen Gegenden muss man den Jugendlichen erst wieder zeigen, dass es nicht nur nützlich, sondern auch schön ist, in die Schule zu gehen.«

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