- Kommentare
- Genfer Flüchtlingskonvention
Brüssel stellt die Weichen falsch
Martin Ling über die verfehlte Migrationspolitik der EU
Europa hat ein schlechtes Gedächtnis: Das Hochkommissariat für Flüchtlinge der Vereinten Nationen (UNHCR) wurde 1950 gegründet, um Flüchtlingen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg zu helfen. Dass die Europäische Union sich daran bei ihrer Migrationspolitik ein Beispiel nimmt, ist nicht zu erkennen. Dabei kommen auf die 513 Millionen EU-Bürger einschließlich Großbritanniens gerade mal zwei Millionen Flüchtlinge – von 82 Millionen weltweit. Ein trauriger Rekord nach dem Zweiten Weltkrieg.
Das UNHCR wacht seit der Verabschiedung der Genfer Flüchtlingskonvention 1951 nach Kräften über deren Einhaltung. Oft fehlt es dem UNHCR an politischer Unterstützung. Das gilt auch für die EU. Der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller hat recht, wenn er zum 70. Jahrestag der Konvention die EU zu mehr Einsatz im Kampf gegen Fluchtursachen aufruft.
Eine der wichtigsten Fluchtursachen wird von der Flüchtlingskonvention dabei noch gar nicht erfasst: jene infolge des Klimawandels. Auf 20 Millionen wird die Zahl der Klimaflüchtlinge derzeit geschätzt. Welche Dimensionen das Problem künftig annimmt, ist eine Frage der Politik und kein Schicksal.
»Wir müssen die Regierung herausfordern«
Ulla Jelpke von der Linken blickt auf sieben Legislaturperioden zurück, in denen sie als Oppositionspolitikerin wirkte
Die EU könnte endlich die Weichen für eine konsequent ökologisch und beschäftigungsorientierte Handels-, Investitions- und Entwicklungspolitik stellen, um wirklich Fluchtursachen zu bekämpfen, statt wie bisher unterm Strich neue zu schaffen. Der Ausbau der Festung Europa, die Stärkung von Frontex mag kurzfristig in Form sinkender Zahlen von Ankommenden die Lösung des Problems vorgaukeln.
Doch am steigenden Migrationsdruck nicht zuletzt durch die Klimawandelfolgen ändert das nichts. Die EU sollte sich daran erinnern, warum das UNHCR gegründet wurde, und daraus Konsequenzen ziehen für eine humane wie realistische Migrationspolitik.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!