Gino Vannelli: »Living inside myself«

  • Frank Jöricke
  • Lesedauer: 1 Min.

Vielleicht ist Guildo Horn an allem schuld. Wiewohl Schlagersänger aus Überzeugung, ließ er dem schlagerkritischen Zuhörer das Hintertürchen offen, die ganze Inszenierung könnte auch ironisch gemeint sein. Seitdem gibt es viele Musiker, die Ironie und Halbernst bewusst einsetzen. Man ist peinlich, aber nur noch mit Augenzwinkern - »ist ja alles nicht so gemeint!«

Auf der Strecke bleiben Schmalz und Kitsch. Denn diese verlangen, dass der Interpret das Vorgetragene bitterernst meint. Er muss das Gefühl vermitteln, dass er den pathetischen Schwulst, den er zum Besten gibt, tatsächlich so empfindet. Das Publikum erwartet von ihm, dass er sein Herz Note für Note ausbluten lässt. Jede Strophe, jeder Refrain ist Teil eines Seelenstriptease, bei dem der Sänger am Ende entblößt dasteht.

Einer, der dies meisterhaft beherrschte, war der Italo-Kanadier Gino Vannelli. Mit großer Geste schmachtete er sich durch überladen orchestrierte Miniopern. Großes Kino, komprimiert auf vier Minuten. Spätestens wenn er seine Arme gen Himmel reckte, mussten die Zuschauer sich entscheiden, ob sie ergriffen auf die Knie fallen oder das Weite suchen sollten.

Kalt aber ließ einen das Ganze nie. Denn Gino Vannelli verweigerte sich konsequent der Coolness. Er brannte innerlich. Aus heutiger Sicht: eine bewundernswerte Leistung.

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