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Ist auch drin, was draufsteht?

Ein neuer Wahl-O-Mat sagt, wie nachhaltig die Wahlprogramme der Parteien sind

  • Verena Kern
  • Lesedauer: 4 Min.

Alle im Bundestag vertretenen Parteien bekennen sich zum 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens (außer der AfD, die die Verantwortung des Menschen für den Klimawandel leugnet und in ihrem Wahlprogramm den Ausstieg aus dem Paris-Abkommen propagiert). Das breite Bekenntnis zu dem wichtigen Klimaschutzvertrag ist gut und schön. Doch passen die Wahlprogramme von Union, Grünen, SPD, FDP und Linken auch dazu? Reichen ihre klimapolitischen Pläne aus, um die Paris-Ziele einhalten zu können? Kurzum: Ist 1,5 Grad drin, wenn 1,5 Grad draufsteht?

Um diese Frage zu beantworten, haben die Klima-Allianz Deutschland, die Initiative German Zero und der Naturschutzbund (Nabu) die Wahlprogramme der sechs Parteien ausgewertet und eine Art Klima-Wahl-O-Mat entwickelt, der seit Mittwoch online ist. Unter www.klimawahlcheck.org können Wähler*innen nun selber überprüfen, wer wofür beim Klimaschutz steht.

»Wir machen die klimapolitischen Ambitionen der Parteien transparent und vergleichbar, damit die Bürger*innen eine informierte Wahlentscheidung treffen können«, sagte Christiane Averbeck von der Klima-Allianz bei der Vorstellung des neuen Online-Tools. Nicht zuletzt sei es auch ein Service für die Wahlberechtigten, die nur in den seltensten Fällen die Zeit und die Muße haben, Hunderte Seiten von Wahlprogrammen zu lesen.

Insgesamt sieht Averbeck noch »erheblichen Nachholbedarf«, was das 1,5-Grad-Ziel betrifft. »Es fehlt immer noch das Verständnis für die Größe des Problems«, sagte Michael Schäfer vom Nabu. »Bei konkreten Vorschlägen zur Umsetzung schweigen sich die Parteien gerne aus.«

Doch es gibt, wie der Klimawahlcheck zeigt, deutliche Abstufungen zwischen den Parteien. Ähnlich wie beim Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung wird man zunächst nach der eigenen Einschätzung zu wichtigen klimapolitischen Entscheidungen gefragt, und zwar in den Bereichen Energie, Mobilität, Industrie, Gebäude, Klimagerechtigkeit und Klimaziele sowie Landwirtschaft und Artenvielfalt.

Soll eine Solarpflicht für Dächer eingeführt werden? lautet eine der Fragen. Oder: Soll ein Neuzulassungsstopp für Verbrennungsmotoren beschlossen werden? Oder auch: Sollen die Nutztierbestände deutlich reduziert und klimaschonende Weidehaltung gefördert werden? Die Antwortmöglichkeiten reichen von »stimme gar nicht zu« (dunkelroter Punkt) bis zu »stimme vollkommen zu« (dunkelgrüner Punkt). Anschließend erhält man einen Vergleich mit den Parteiprogrammen. Eine Wahlempfehlung wird nicht ausgesprochen, aber man kann sehen, wo man selbst im Parteienspektrum steht - und welchen Parteien grüne, gelbe oder rote Punkte zugeordnet sind für ihre mehr oder weniger stark ausgeprägte Zustimmung respektive Ablehnung zu wichtigen klimapolitischen Maßnahmen.

Wenig überraschend gibt es die dunkelgrünen Punkte am häufigsten beim Wahlprogramm der Grünen - aber auch bei dem der Linken. Bei Union und FDP häufen sich hingegen die dunkelroten Punkte für völlige Ablehnung, etwa wenn es um die Beschleunigung des Kohleausstiegs, Tempolimits oder die Frage geht, ob Bahnfahren günstiger werden solle. Die SPD landet in aller Regel im Mittelfeld. Nur bei einzelnen Fragen, etwa zur stärkeren Förderung von Bürgerenergie-Projekten, findet sich bei den Sozialdemokraten ein deutliches Ja, also dunkelgrün.

Mit ihrem Klimawahlcheck hoffen die Organisationen auch, die Bundestagswahl doch noch zu einer Klimawahl zu machen. Dies ist nämlich trotz der Flutkatastrophe vor wenigen Wochen bislang nicht der Fall.

»Wir haben nicht mehr viel Zeit, um die notwendigen Weichen zu stellen und der Klimakrise entgegenzuwirken«, sagte Julian Zuber von German Zero. »Diese Bundestagswahl wird entscheidend für die Lösung der Klimakrise.« Dabei müsse dies für alle Parteien wichtig sein, meint Zuber. Schließlich sei Klimaschutz auch konservativ, da es ums Bewahren gehe. Er sei sozialdemokratisch, weil es um den sozialen Zusammenhalt gehe. Und er sei liberal, denn es gehe darum, auch in Zukunft Freiheit und Wahlmöglichkeiten zu haben.

Bislang aber zeichnet sich nicht ab, dass die damit angesprochenen Parteien dem Klimaschutz Priorität einräumen. Er ist nur ein Thema unter vielen. Er sei, sagt Klima-Allianz-Geschäftsführerin Averbeck, »kein Gewinnerthema«. Dafür müsste es, glaubt der Arzt und Klimaaktivist Eckart von Hirschhausen, der den Klimawahlcheck mit unterstützt, eine neue politische Kultur geben, die die Komplexität der Probleme durchdringt: »Was fehlt, ist eine Vision: Wofür machen wir das?«

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