Ein früherer SA-Mann als Namensgeber

Die Bundeswehr steht nach einer Kasernenumbenennung in Schleswig-Holstein in der Kritik

  • Dieter Hanisch
  • Lesedauer: 3 Min.

Im ostholsteinischen Eutin ist am Donnerstag feierlich eine Kaserne der Bundeswehr umbenannt worden. Die Umbenennung fand im Rahmen eines Bataillonsappells im Beisein der Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) statt. Aus der Rettberg-Kaserne des Aufklärungsbataillons 6 »Holstein« wurde auf Antrag des Inspekteurs des Heeres, Alfons Mais, nun die Oberst-Herrmann-Kaserne.

Gemäß Bundeswehr-Traditionsrichtlinie aus dem Jahr 2018 wollte man den Namen von Oberst Karl von Rettberg (1865 – 1944) tilgen. Denn er wird mit der Anordnung von Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung in den belgischen Orten Herent und Leuven in Verbindung gebracht, die im Ersten Weltkrieg begangen wurden.

Dies thematisierte zuerst Jakob Knab von der in Kaufbeuren ansässige »Initiative gegen falsche Glorie«. Er berief sich dabei auf eine im Jahr 2019 verfasste Bewertung des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam. »Im Kern geht es bei den Umbenennungen um eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit«, sagte der Ostholsteiner CDU-Bundestagsabgeordnete Ingo Gädechens laut Medienberichten. Er ist Obmann im Verteidigungsausschuss.

Doch statt sich beispielsweise den Namen eines Widerstandskämpfers oder eines geografischen Regionalbezugs zu geben, entschieden sich alle in Eutin stationierten Truppenteile für Oberst Werner Herrmann (1917 – 2002) als neuen Namensgeber. Er war als Bataillonskommandeur von 1958 bis 1962 und ab 1961 auch erster Befehlshaber in Eutin. In der offiziellen Begründung heißt es zu Herrmann, er sei einer der »Männer der ersten Stunde« gewesen. »Als Angehöriger der Gründergeneration wirkte Oberst Werner Herrmann beim Aufbau einer der Bundesrepublik Deutschland verpflichteten Bundeswehr mit und steht für den Beginn und die Nachhaltigkeit der regionalen Heimatverbundenheit des Bataillons.«

Völlig ausgeblendet wurde bei der neuen Namensfindung allerdings, dass Herrmann auch Offizier der Wehrmacht war. Außerdem finden sich in seinem Lebenslauf eine Mitgliedschaft in der Hitlerjugend und in der paramilitärischen Sturmabteilung (SA). Eine Beurteilung von Anfang 1944 attestierte ihm eine »einwandfreie nationalsozialistische Haltung«. Vor diesem Hintergrund stellen sich mittlerweile immer mehr Eutiner die Frage, ob Herrmann ein geeignetes Vorbild für die Truppe ist.

Auch die »Initiative gegen falsche Glorie« stellt die gefundene Namenswahl angesichts Herrmanns brauner Vorgeschichte in Frage. Sie bewertet insbesondere seine Mitgliedschaft in der SA als »historisch bedenklich«. Mit diesem Beispiel zeige die Bundeswehr, dass sie rein gar nichts gelernt habe, kritisierte Jan Korte, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag.

Während ihres Standortbesuches in Eutin verschaffte sich Ministerin Kramp-Karrenbauer am Donnerstag auch einen Eindruck von der Einsatzbereitschaft der knapp 800 zugehörigen Soldatinnen und Soldaten. Die Eutiner Aufklärer gehören zu dem Truppenkontingent, das sich nächstes Jahr an der erweiterten Präsenz der Nato in Litauen beteiligen soll. Die dortige Mission Enhanced Forward Presence (Verstärkte Vornepräsenz) dient nach Angaben der Bundeswehr »der Sicherung der osteuropäischen Staaten und der Abschreckung von Bedrohungen des Bündnisgebiets«, die angeblich von Russland ausgehen. Direkt vor ihrer Stippvisite in Eutin stattete Kramp-Karrenbauer der Marine-Unteroffizierschule in Plön ebenfalls einen Besuch ab und verschaffte sich dort einen Einblick ins alltägliche Ausbildungsgeschehen.

Die Geschichte der Eutiner Kaserne reicht zurück bis ins Jahr 1913. Die Benennung nach Rettberg erfolgte zum 25-jährigen Bestehen im Jahr 1938. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden in der dort untergebrachten Heeres-Unteroffizierschule Soldaten ausgebildet und für ihren Einsatz an der Front vorbereitet.

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