Wenn der Vermieter auf Hartz-IV-Leistungen zugreifen will

Schuldeneintreibung beim Jobcenter

  • OnlineUrteile.de
  • Lesedauer: 2 Min.

Ein Vermieter hatte sich beim Jobcenter gemeldet. Dort legte er eine Vereinbarungen vor, die er mit seiner ehemaligen Mieterin getroffen hatte. Von deren Hartz-IV-Leistungen müsse ihm die Sozialbehörde pro Monat 50 Euro auszahlen. Diesen Betrag habe ihm die Mieterin abgetreten, um so ratenweise ihre Schulden bei ihm zu tilgen.

In den letzten Jahren sei ihm die Frau nämlich fast 2000 Euro an Nebenkosten schuldig geblieben, so seine Aussage.

Das Jobcenter lehnte es allerdings ab, von der Grundsicherungsleistung Geld für den Vermieter abzuzweigen. Was die Altschulden betreffe, habe er seine Ansprüche bereits vom Amtsgericht sichern lassen (»Vollstreckungstitel«). Hartz-IV-Leistungen sollen die Existenz des Hilfeempfängers sichern und nicht der Tilgung von Schulden dienen.

Gegen den Bescheid des Jobcenters wehrte sich der Vermieter jedoch vergeblich. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (Az. L 11 AS 234/18) gab in seiner Entscheidung nämlich dem Jobcenter Recht. Laut Gesetz, so die Begründung der Richter, sei so eine Abtretung von Schulden nur »im wohlverstandenen Interesse« des Hilfeempfängers zulässig. Das wäre etwa dann der Fall, wenn es sich um aktuelle Mietschulden handele und die Betroffene durch das Abstottern dieser Schulden vor einer Kündigung des Mietverhältnisses geschützt würde.

Darum ging es in diesem Fall aber nicht, so das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen. Denn die Frau sei sowieso schon aus der Wohnung ausgezogen. Die Grundsicherung soll dazu verwendet werden, den laufenden Lebensunterhalt eines Hilfeempfängers sicherstellen. Mit diesem gesetzlich klar definierten Zweck sei es nicht vereinbar, aus der Regelleistung Altschulden abzutragen.

Das Gericht ergänzte in diesem Fall noch: Auch das Jobcenter darf von einem Empfänger von Hartz-IV-Leistungen, dem ein Darlehen gewährt worden sei, maximal zehn Prozent des Regelsatzes einbehalten, um das Darlehen zu tilgen. OnlineUrteile.de

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.