Wenn der Vermieter auf Hartz-IV-Leistungen zugreifen will
Schuldeneintreibung beim Jobcenter
Ein Vermieter hatte sich beim Jobcenter gemeldet. Dort legte er eine Vereinbarungen vor, die er mit seiner ehemaligen Mieterin getroffen hatte. Von deren Hartz-IV-Leistungen müsse ihm die Sozialbehörde pro Monat 50 Euro auszahlen. Diesen Betrag habe ihm die Mieterin abgetreten, um so ratenweise ihre Schulden bei ihm zu tilgen.
In den letzten Jahren sei ihm die Frau nämlich fast 2000 Euro an Nebenkosten schuldig geblieben, so seine Aussage.
Das Jobcenter lehnte es allerdings ab, von der Grundsicherungsleistung Geld für den Vermieter abzuzweigen. Was die Altschulden betreffe, habe er seine Ansprüche bereits vom Amtsgericht sichern lassen (»Vollstreckungstitel«). Hartz-IV-Leistungen sollen die Existenz des Hilfeempfängers sichern und nicht der Tilgung von Schulden dienen.
Gegen den Bescheid des Jobcenters wehrte sich der Vermieter jedoch vergeblich. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (Az. L 11 AS 234/18) gab in seiner Entscheidung nämlich dem Jobcenter Recht. Laut Gesetz, so die Begründung der Richter, sei so eine Abtretung von Schulden nur »im wohlverstandenen Interesse« des Hilfeempfängers zulässig. Das wäre etwa dann der Fall, wenn es sich um aktuelle Mietschulden handele und die Betroffene durch das Abstottern dieser Schulden vor einer Kündigung des Mietverhältnisses geschützt würde.
Darum ging es in diesem Fall aber nicht, so das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen. Denn die Frau sei sowieso schon aus der Wohnung ausgezogen. Die Grundsicherung soll dazu verwendet werden, den laufenden Lebensunterhalt eines Hilfeempfängers sicherstellen. Mit diesem gesetzlich klar definierten Zweck sei es nicht vereinbar, aus der Regelleistung Altschulden abzutragen.
Das Gericht ergänzte in diesem Fall noch: Auch das Jobcenter darf von einem Empfänger von Hartz-IV-Leistungen, dem ein Darlehen gewährt worden sei, maximal zehn Prozent des Regelsatzes einbehalten, um das Darlehen zu tilgen. OnlineUrteile.de
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