Razzia bei Reservisten

Nazi-Wehrsportgruppe aufgeflogen

Am Donnerstag haben auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Lüneburg 200 Polizist*innen Objekte in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Berlin durchsucht. In den Fokus der Ermittler*innen waren neun Personen geraten, die verdächtigt werden, eine extrem rechte Wehrsportgruppe gegründet zu haben. Brisant ist, dass sich unter den neun Verdächtigen, die zwischen 37 und 53 Jahre alt sind, sechs Reservisten befinden. Drei Beschuldigte sind Zivilangestellte der Bundeswehr.

»Die Beschuldigten in NRW und Niedersachsen sollen sich einer bewaffneten Gruppe angeschlossen haben«, erklärte Jan Christoph Hillmer, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Lüneburg. Die Durchsuchung habe dazu gedient, Waffen, Waffenteile, Munition und Datenträger sicherzustellen. Der »Spiegel« schreibt unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft: »Neben den Waffen und Bundeswehrequipment stellten die Beamten Material sicher, das auf eine rechtsextreme Gesinnung der Gruppierung schließen lässt.« Festnahmen gab es bei den Durchsuchungen nicht. Auch zur Art und Anzahl der Funde schweigt die Staatsanwaltschaft bislang. Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) erklärte: »Wir setzen alles daran, dieser Szene keinen Fußbreit Raum zu lassen.« Dies gelte umso mehr, wenn der Verdacht bestehe, dass sie sich »bewaffnet haben könnte«.

Einer der Beschuldigten im aktuellen Verfahren soll aus Detmold kommen. Über eine Reservistenkameradschaft im nahe gelegenen Bielefeld hatte das antifaschistische »Recherche Kollektiv Ostwestfalen« zu Anfang des Jahres berichtet. Mehrere Mitglieder der »RK 36 Alt-Bielefeld« hatten an Aufmärschen von Neonazi-Gruppierungen wie dem »Dritten Weg« und Veranstaltungen von Corona-Leugnern teilgenommen. Sie traten dabei in einheitlicher Kleidung als »Division Ostwestfalen« auf. Das »Recherche-Kollektiv« geht davon aus, dass die Reservistenkameradschaft mindestens seit 2009 von Neonazis geführt wird.

Immer wieder gibt es Verbindungen zwischen Bundeswehrreservisten oder aktiven Soldaten und extrem rechten Gruppen. Zuletzt wurde in Hessen der Soldat Tim F. festgenommen. Zusammen mit seinem Bruder und seinem Vater soll er zahlreiche Waffen gebunkert haben. Nach seiner Festnahme führte er die Ermittler*innen zu den Waffenverstecken. Bei ihm soll auch eine selbst verfasste Schrift gefunden worden sein, bei der die Frage aufgeworfen wurde, wie man in Deutschland die »Macht« übernehmen könne. Tim F. soll versucht haben Rohrbomben zu bauen.
Der Bundeswehrverband hatte erst im Mai mitgeteilt, dass das Problem mit Rechten in der Truppe »nicht sonderlich groß« sei. Es gäbe Verdachtsfälle im vierstelligen Bereich, nur wenige würdenbestätigt

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.