Ein Legionellenbefall rechtfertig eine Mietminderung
Was Mieter über Legionellen wissen sollten
Angesichts der erheblichen Gesundheitsgefahren kam das Amtsgerichts Dresden (Az. 148 C 5353/13) zu dieser Entscheidung.
In dem zugrunde liegenden Fall minderten die Mieter einer Wohnung ihre Miete um 25 Prozent, nachdem sie erfuhren, dass die Legionellen-Konzentration im Trinkwasser 14 000 KBE (Kolonienbildende Einheiten)/100 ml betrug. Der zulässige Grenzwert liegt nach der Trinkwasserverordnung bei 100 KBE/100 ml. Nachdem die Vermieterin im Duschkopf einen Filter einbaute, betrug die Konzentration immer noch 3700 KBE/100 ml.
Bei Legionellen handelt es sich um im Süßwasser vorkommende Bakterien. Bei Wassertemperaturen von 30 bis 45°C vermehren sie sich bis zu einer für den Menschen gesundheitsgefährdenden Konzentration, was sogar zum Tod führen kann. Zu einer Infektion kommt es durch Einatmen von zerstäubtem, legionellenhaltigem Wasser oder durch Eindringen von erregerhaltigem Trinkwasser in die Luftröhre oder Lunge. nd
Da die Vermieterin eine Mietminderung von 25 Prozent für ungerechtfertigt hielt, kam der Fall vor Gericht. Das Amtsgericht Dresden entschied zu Gunsten der Mieter. Diese haben ihre Mieter gemäß § 536 Abs. 1 BGB um 25 Prozent mindern können. Denn durch den Legionellenbefall des Trinkwassers habe eine akute Gesundheitsgefahr bestanden und somit ein Mangel der Mietsache vorgelegen, der zu einer erheblichen Tauglichkeitsminderung der Wohnung führte.
Minderungsrecht trotz des Einbaus eines Filters
Das Minderungsrecht habe zudem trotz des Einbaus des Filters im Duschkopf bestanden, so das Amtsgericht weiter. Denn dadurch sei die Konzentration lediglich verringert, jedoch nicht beseitigt worden. Der Gebrauchswert der Wohnung sei daher angesichts der weiter bestehenden Gesundheitsgefahr erheblich eingeschränkt gewesen.
Das Amtsgericht verwies zudem darauf, dass bereits bei einer latent befürchteten Gefahr der ungestörte Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt wird und somit eine Mietminderung gerechtfertigt ist. Es komme nicht darauf an, ob ein Schaden eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht.
Kein Mietmangel bei rein subjektiver Wahrnehmung
Zu folgender Entscheidung kam es in München: Eine rein subjektive Wahrnehmung einer Gefahr oder Angst führt nicht zur Mangelhaftigkeit der Wohnung.
Ein Legionellenbefall in einer Mietwohnung ist erst dann ein Mangel, wenn der Grenzwert für eine Gesundheitsgefährdung erreicht wird. Dies entschied das Amtsgericht München (Az. 452 C 2212/14).
Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls ist Vermieter einer Wohnung in der Innenstadt von München. Der Beklagte ist mit seiner Ehefrau und seiner am 1. Februar 2012 geborenen Tochter Mieter der Wohnung. Der Beklagte hat am 5. März 2012 von der Hausverwaltung erfahren, dass bei einer durchgeführten Untersuchung am 3. März 2012 eine Überschreitung der zulässigen Grenzwerte in Bezug auf Legionellen festgestellt worden sei. Am 10. Mai 2012 wurde mitgeteilt, dass die Belastung weiter über den Grenzwerten liege.
Daraufhin teilte der Beklagte per E-Mail dem Kläger mit, dass er weitere Mietzahlungen nur noch unter Vorbehalt leiste. Am 15. April 2013 teilte die Hausverwaltung mit, dass eine mittlere Legionellen-Kontamination aufgetreten sei. Die Miete für Mai 2013 zahlte der Beklagte daraufhin nicht.
Der Vermieter klagte beim Amtsgericht München die Miete für Mai 2013 ein. Gegen die Forderung rechnete der beklagte Mieter mit angeblichen Gegenforderungen wegen zu viel gezahlter Miete aufgrund des Legionellenbefalls auf.
Konkrete Gesundheitsgefahr lag in diesem Fall nicht vor
Das Amtsgericht München gab dem Vermieter Recht. Der beklagte Mieter muss die Miete bezahlen. Gegenansprüche wurden ihm nicht zugesprochen. Es bestehe kein Mangel aufgrund einer Gesundheitsgefährdung. Den vorgelegten Untersuchungsberichten habe das Gericht entnommen, dass zu keinem Zeitpunkt an keiner der Entnahmestellen eine Legionellen-Konzentration gemessen wurde, ab der von einer Gesundheitsgefährdung auszugehen und direkte Gefahrenabwehr notwendig sei. Festgestellt worden sei nur einmal ein etwas stärker erhöhter Legionellenbefall von 1700 KBE/100 ml, allerdings nur an einer Entnahmestelle und nicht in der Wohnung des Beklagten. Auch dieser Wert liege nach Ansicht des Gerichts noch unter dem Grenzwert. Das Gericht gehe deshalb davon aus, dass eine konkrete Gesundheitsgefahr, die über das normale Lebensrisiko hinausgehe, nicht vorgelegen habe.
Trinkwasser-Verordnung: verbindlich einzuhaltende Grenzwerte gelten nicht für Legionellen
Das Gericht teilte nicht die Ansicht des beklagten Mieters, dass schon bei einer Überschreitung des technischen Maßnahme Wertes von 100 KBE/100 ml (Anlage 3, Teil II der Trinkwasser-Verordnung) von einer Gesundheitsgefahr auszugehen sei. Dies ergebe sich aus den Handlungsanweisungen in dem Arbeitsblatt W 551 des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW), das in diesem Fall nur eine weitergehende Untersuchung anordnet. Dies lasse sich auch aus § 7 Absatz 1 Satz 2 der Trinkwasser-Verordnung entnehmen. Dort sei ausdrücklich bestimmt, dass die sonst für Trinkwasser verbindlichen einzuhaltenden Grenzwerte der Anlage 3 für Legionellen nicht gelten.
Die rein subjektive Wahrnehmung einer Gefahr oder Angst durch den Beklagten, die aus der Sicht des Gerichts unbegründet ist, führe nicht zur Mangelhaftigkeit der Wohnung.
Mieter stirbt an Legionelleninfektion
Eine Haftung des Vermieters für den Tod eines Mieters wegen Legionelleninfektion setzt den Nachweis von kontaminierten Wasser durch Legionellenerreger voraus.
Stirbt ein Wohnungsmieter an einer Legionelleninfektion, haftet der Vermieter nur dann, wenn nachgewiesen wird, dass die Trinkwasseranlage mit dem den Tod verursachten Legionellenerreger kontaminiert ist. Anderenfalls besteht für den Ehegatten kein Schadenersatz- oder Schmerzensgeldanspruch. Dies hat das Landgericht Krefeld (Az. 2 S 18/19) entschieden.
Im September 2015 verstarb ein Wohnungsmieter in Nordrhein-Westfalen an einer Legionelleninfektion. Die Ehefrau machte die Vermieter der Wohnung für den Tod verantwortlich und erhob Klage auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld. Sie behauptete, dass die Trinkwasseranlage mit Legionellen kontaminiert sei.
Ein Sachverständiger stellte in mehreren Wasserproben zwar den Legionellenerreger der Serogruppe 2-14 nach, nicht jedoch den zum Tode des Mieters führenden Erregertyp der Serogruppe 1. Aus diesem Grund wies das Amtsgericht Kempen die Klage der Ehefrau ab. Dagegen richtete sich ihre Berufung.
Kein Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld
Das Landgericht bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts Kempen (Az. 13 C 636/16). Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld zu. Es habe nicht nachgewiesen werden können, dass sich der Ehemann der Klägerin die zu seinem Tod führende Legionelleninfektion durch kontaminiertes Trinkwasser in der Mietwohnung zugezogen habe. Denn der Erregertyp der Serogruppe 1 sei hier nicht aufgefunden worden, wies das Gericht nach.
Nach Auffassung des Landgerichts komme jedoch auch der Arbeitsplatz des Verstorbenen als Infektionsort in Betracht. Denn dort habe er sich während der Inkubationszeit aufgehalten. Zudem habe sich dort eine Kollegin des Verstorbenen ebenfalls eine Infektion mit dem Erreger der Serogruppe 1 zugezogen. kostenlose-urteile.de/nd
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