Wie deutsche Gerichte zum Umzug urteilen

Der Infodienst Recht und Steuern hat Entscheidungen deutscher Gerichte dazu gesammelt

  • Lesedauer: 5 Min.

Ein Umzug ist in der Regel mit einem enormen Aufwand verbunden. Dass dabei auch immer wieder rechtliche Probleme auftauchen können, ist völlig normal. Das Spektrum ist breit. Es reicht vom Umzug betagter Menschen bis zur Behinderung des Möbelwagens.

Auf die Umstände kommt es an

Immer wieder haben es dabei die Gerichte mit älteren Menschen zu tun, die zum Teil schon viele Jahrzehnte in ihren Mietwohnungen leben und schließlich doch noch umziehen sollen. Doch es kommt dabei immer auf die konkreten Umstände an. In extremen Fällen hält die Justiz einen Ortswechsel nicht mehr für zumutbar.

Das Landgericht Limburg (Az. 7 T 116/20) musste über eine 70-jährige Frau entscheiden, der eine Zwangsvollstreckung drohte. Sie konnte das Attest einer Allgemeinmedizinerin vorlegen, in dem von latenter Suizidgefahr die Rede war.

Die zuständige Zivilkammer wies allerdings darauf hin, dass der betagten Mieterin die Situation seit einem Jahr bekannt sei. Sie habe Gelegenheit gehabt, Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Der Gerichtsentscheidung zu Folge musste die Mieterin aus der Wohnung ausziehen.

Eigenbedarf für das Au-pair

Eine andere Mieterin musste umziehen, weil der Eigentümer seine Wohnung selbst nutzen wollte - nicht für sich persönlich, sondern für das Au-pair, das seine drei Kinder betreuen sollte. Zwar wehrte sich die Mieterin dagegen und wies darauf hin, dass das Au-pair doch auch im Haushalt des Eigentümers oder in einer eigens für sie angemieteten Wohnung untergebracht werden könne.

Das Amtsgericht München (Az. 473 C 11647/20) akzeptierte jedoch diese Art des Eigenbedarfs als grundsätzlich vernünftig und nachvollziehbar. Die Mieterin musste ausziehen.

Anspruch auf Eigenbedarf abgelehnt

Ein häufiger Grund, der den Umzug eines Mieters nötig macht, ist der Eigenbedarf des Eigentümers. So war es auch in einem Münchner Fall. Eine Miteigentümerin des Objekts wollte ihr Studium beginnen und sprach deswegen der Mieterin die Kündigung aus. Diese wehrte sich dagegen - unter anderem mit dem Hinweis, die Eigentümerin habe bereits eine andere Wohnung in München bezogen.

Das Landgericht München (Az. 14 S 15871/18) ließ sich aber davon überzeugen, dass dies nur eine zeitlich befristete Lösung war. Solch temporärer Umzug in eine Ersatzwohnung ändere nichts am Anspruch auf Eigenbedarf. Im konkreten Fall wurde der Anspruch auf Eigenbedarf vom Gericht aus anderen Gründen dennoch abgelehnt.

Zu hohe Umzugspauschale

Eigentümergemeinschaften können sich auf sogenannte Umzugspauschalen einigen, die ein Eigentümer zu bezahlen hat, wenn in seiner Wohnung ein Umzug stattfindet. Mit dieser weit verbreiteten Praxis soll die Inanspruchnahme der Gemeinschaftsflächen und damit verbundene kleine Abnutzungen abgegolten werden, zu denen es bei einem Aus- oder Einzug häufig kommt.

Doch wenn diese Pauschale 100 Euro beträgt, dann sei das zu viel und nicht mehr »maßvoll bemessen«, entschied das Landgericht Frankfurt am Main (Az. 2-13 S 69/16). Das entspreche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Als Richtwert müssten gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung etwa 50 Euro gelten.

Das strenge Auge des Fiskus

Wenn ein Umzug beruflich veranlasst ist, dann hat der Betroffene die Möglichkeit, die Ausgaben dafür steuerlich geltend zu machen. Finanzverwaltung und Finanzgerichte sehen jedoch in solchen Fällen genau hin. Ein Arbeitnehmer gab an, er könne mit dem Umzug die Fahrtzeit zur Arbeit um eine Stunde verkürzen. Es stellte sich jedoch heraus, dass der Mann nur höchst selten dort hinfahren musste (im Laufe eines Jahres 13 Mal).

Daraufhin hielt es der Bundesfinanzhof (Az. VI R 73/13) für vertretbar, ihm die Umzugskosten als Werbungskosten zu verweigern.

Werbungskosten zugesprochen

Aufwendungen für einen beruflich veranlassten Umzug gehören zu den Werbungskosten. Das entschied der Bundesfinanzhof (Az. VI R 2/11).

Ein Arbeitnehmer und Ehemann bezog an seinem neuen Arbeitsort eine 165 Quadratmeter große Wohnung und ging von dort aus seiner Beschäftigung nach. Wenige Monate später folgten vereinbarungsgemäß Ehefrau und Kind nach.

Der Fiskus wollte nur einen 60-Quadratmeter-Anteil der neuen Wohnung im Sinne der doppelten Haushaltsführung anerkennen. Der Bundesfinanzhof sprach sich jedoch für einen unbegrenzten Werbungskostenabzug während einer Umzugsphase aus.

Umzug nur vorübergehend

Manchmal hat ein Mensch gar keine andere Wahl, als zumindest vorübergehend umzuziehen. Zum Beispiel deswegen, weil seine im Keller gelegene Mietwohnung von einem Hochwasser überflutet wurde.

Im vorliegenden Fall hatte der Eigentümer von dieser Gefahr gewusst, dies aber gegenüber dem Mieter bei Vertragsabschluss nicht erwähnt. Das Amtsgericht Friedberg (Az. C 1326/94-11) verurteilte deswegen den Eigentümer dazu, für die Folgekosten aufzukommen - unter anderem auch für den Umzug.

Parker missachtet Verbotsschilder

Äußerst ärgerlich ist es, wenn am Tage eines Umzugs trotz aufgestellter mobiler Halteverbotsschilder ein Pkw-Halter sein Auto einfach im eingeschränkten Halteverbot abstellt. Im verhandelten Fall konnte der Möbelwagen keine ideale Position einnehmen, um das Umzugsgut aufzuladen.

Das Verwaltungsgericht Köln (Az. 20 K 6900/08) stimmte deswegen einem kostenpflichtigen Abschleppen des Parkers zu. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass am selben Ort normalerweise das Schild »Ladezone werktags 8 - 12 Uhr« galt, dieses aber nicht entfernt oder abgedeckt wurde.

Verkehrssicherungspflicht verletzt

Mobile Halteverbotsschilder, wie vorstehend beschrieben, können auch eine Gefahr für Passanten darstellen. Ein privates Bau- und Umzugsunternehmen hatte derartige Schilder mit behördlicher Genehmigung aufgestellt, sie aber nach Ablauf der Frist nicht abgebaut. Eine Fußgängerin stolperte im Dunkeln über einen Sockel und brach sich vier Rippen.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe (Az. N 7 U 97/16) sah eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht und sprach dem Unfallopfer Schmerzensgeld zu. Der Staat hafte hier nicht, auch wenn er die Aufstellung des Schildes genehmigt habe.

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