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Ureinwohner verklagen Regierung
Australiens unzureichende Klimapolitik kommt vor Gericht
Es ist die erste Klima-Sammelklage australischer Ureinwohner gegen die eigene Regierung. In der Klage, die am Dienstag bei einem australischen Gericht eingereicht wurde, argumentieren sie, dass die Regierung in Canberra rechtlich zum Schutz der Gemeinden vor den Auswirkungen des Klimawandels verpflichtet ist. »Unsere Vorfahren leben seit mehr als 65 000 Jahren auf diesen Inseln«, sagte Paul Kabai, einer der Kläger. Der Bewohner der Torres-Strait-Inseln, einer Gruppe von über 100 Inseln zwischen der Kap-York-Halbinsel an der Spitze Australiens und der Küste Papua-Neuguineas, erlebt seit Jahren, wie der steigende Meeresspiegel, extreme Wetterereignisse und Küstenerosion seine Heimat und die Lebensweise der indigenen Gemeinden bedrohen.
In der Meerenge steigt der Meeresspiegel laut der Torres Strait Regional Authority (TSRA) doppelt so schnell wie im weltweiten Durchschnitt. Hält dieser Trend an, droht den Inseln die Überflutung. Sollte dies passieren, dann würden auch die Böden durch das Salz des Meerwassers ruiniert, wie Kabai sagte. Die indigenen Gemeinden wären gezwungen, die Inseln über kurz oder lang zu verlassen.
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Schon 2008 schilderte eine Studie die Auswirkungen des Klimawandels auf nistende Schildkröten, die Vogelwelt und das Seegras in der Region. Über die Inselbewohner hieß es: »Sie fühlen, dass ihr Leben physisch wie kulturell gefährdet ist.« Über zehn Jahre später ist die Situation noch mal dramatischer. Wissenschaftliche Modelle deuten darauf hin, dass einige der tief liegenden Inseln innerhalb von Jahrzehnten sogar völlig unbewohnbar werden könnten, sollten die globalen Temperaturen weiter ansteigen. »In diesem Fall werden wir in unserem eigenen Land Klima-Flüchtlinge werden«, sagte Kabay Tamu, ein Bewohner der Insel Warraber. »Wenn ich nur daran denke, kommen mir die Tränen.«
Zwei Erfolge machen Mut
Bereits 2019 hatte Tamu gemeinsam mit acht anderen Inselbewohnern eine Beschwerde beim UN-Menschenrechtsausschuss in Genf eingereicht. In der Petition werfen die Insulaner der australischen Regierung vor, ihre Menschenrechte verletzt zu haben, da sie nicht ausreichend gegen den Klimawandel vorgehe. Die Entscheidung der UN zu diesem Fall steht jedoch noch aus.
Die aktuelle Klage in Australien wird nun vom Grata Fund geleitet, einem Fonds, der Gerichtsverfahren von öffentlichem Interesse finanziert. Die Klage wird nach dem Vorbild des niederländischen Urgenda-Klimafalls von 2019 gestaltet, der schon in anderen Ländern Klimaprozesse inspiriert hat. Damals hatte ein Gericht die Regierung der Niederlande zu mehr Klimaschutz verpflichtet. Mut macht den australischen Klägern zudem ein Präzedenzurteil vom Mai dieses Jahres: Einem australischen Bundesgericht zufolge darf die Regierung jungen Menschen keinen Schaden zufügen, indem sie durch die Genehmigung von Kohleminen den Klimawandel verschärft. Geklagt hatten hier acht Teenager sowie eine 86-jährige Klimaschützerin und Nonne, um die Erweiterung einer Kohlemine zu verhindern.
Australien und die Kohle
Die australische Regierung macht bisher aber wenig Anstalten, ihre Pro-Kohle-Haltung zu ändern. Erst vor Kurzem hat Umweltministerin Sussan Ley grünes Licht für den Ausbau von drei Kohleminen gegeben. Immerhin reist Australiens Premierminister Scott Morrison nach anfänglichem Zögern nun doch zum UN-Klimagipfel im schottischen Glasgow. Am Dienstag verkündete Morrison zudem ein Null-Emissionsziel bis 2050.
Allerdings will er mittelfristig nichts verändern: Die Treibhausgase sollen bis 2030 um 26 bis 28 Prozent unter das Niveau von 2005 sinken. Reicht das für die Bewohner der Torres-Straße? »Netto-Null bis 2050 wird nicht ausreichen, um eine Katastrophe in der Torres-Straße zu verhindern«, sagte Isabelle Reinecke vom Grata Fund. Klimawissenschaftler hätten berechnet, dass Australien seine Treibhausgasemissionen bis 2030 um 74 Prozent unter das Niveau von 2005 senken und bereits 2035 klimaneutral werden müsste, um die Inseln zu retten.
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