- Wirtschaft und Umwelt
- UN-Weltklimakonferenz in Glasgow
Klimazeugnis fällt nicht gut aus
Laut Germanwatch hat kein Land eine 1,5-Grad-kompatible Politik
Pünktlich zur UN-Klimakonferenz in Glasgow haben die Umweltorganisationen Germanwatch und New Climate Institute die Klimapolitik der 61 größten Treibhausgasemittenten bewertet. Wie zuvor beim jährlich vorgestellten Klimaindex blieben die ersten drei Plätze frei. Demnach hat kein Land bisher eine Klimapolitik, die ausreicht, um die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Unter den zehn ersten Ländern finden sich dann gleich sieben europäische: Die Spitzenreiter sind Dänemark, Schweden und Norwegen. Zudem finden sich Großbritannien, Litauen, Malta und Deutschland unter den Top 10. Die drei anderen Länder verteilen sich auf ebenso viele Kontinente: Marokko, Chile und Indien haben es in die Spitzengruppe geschafft. Alle drei haben relativ niedrige Emissionen, einen hohen Anteil der Erneuerbaren an der Energieversorgung und eine relativ ehrgeizige Klimapolitik.
Dass Deutschland in die Spitzengruppe aufgestiegen ist, hat das Land wohl nicht zuletzt dem Bundesverfassungsgericht zu verdanken. Nach dem Karlsruher Urteil, dass die Klimapolitik der Bundesregierung die Freiheitsrechte junger Menschen unverhältnismäßig stark einschränkt, wurde das deutsche Klimaziel erhöht. Jetzt soll Deutschland ab dem Jahr 2045 und nicht erst 2050 klimaneutral wirtschaften. Noch sei das aber primär ein bloßes Ziel, sagte Jan Burck von Germanwatch am Dienstag bei der Präsentation des Rankings. »Auf die Frage, wie Deutschland seine Klimaziele tatsächlich erreichen will, hat die Politik noch keine ausreichenden Antworten gegeben.« Auch Niklas Höhne vom New Climate Institute warnt Deutschland davor, sich auf den Lorbeeren auszuruhen: »Unser Index zeigt auch, dass das Wettrennen zu null Treibhausgasemissionen begonnen hat. Ob Deutschland da zur Spitzengruppe vorstoßen kann, muss sich noch zeigen.«
Aber auch am anderen Ende der Tabelle finden sich EU-Staaten. Slowenien, Tschechien, Polen und Ungarn haben alle »sehr niedrige« Indexwerte. In diese Gruppe fallen allerdings auch einige Emissionsschwergewichte: die USA, Russland, Australien und Saudi-Arabien. Alle diese Länder haben sehr hohe Pro-Kopf-Emissionen und unternehmen zu wenig, um diese zu senken. Zumindest in den USA könnte sich dies allerdings ändern, wenn Präsident Joe Biden Erfolg hat: »Es wird sich in den kommenden Jahren zeigen müssen, ob seine Politik tatsächlich bei Erneuerbaren, Energieeffizienz und letztlich bei den Emissionen Früchte trägt«, sagt Höhne. Der weltweit größte Emittent China liegt derweil volle 18 Plätze vor den USA, aber auch hier ist das Bild gemischt: Die Energieeffizienz ist niedrig, daher sind die Pro-Kopf-Emissionen relativ hoch. Punkte macht das Land dafür vor allem beim Ausbau der Erneuerbaren.
Betrachtet man die Unterkategorien, auf denen der Gesamtindex beruht, zeigt sich schließlich insbesondere bei der Schweiz eine massive Veränderung. Das Land ist im Gesamtindex um einen Platz auf Rang 15 zurückgefallen, doch im Unterindex »Klimapolitik« ist die Eidgenossenschaft regelrecht abgestürzt: von Platz 23 auf Platz 51. Der Grund dafür ist die Ablehnung des CO2-Gesetzes durch einen Volksentscheid. »Der Beitrag der Schweiz zur Erhaltung eines stabilen Klimas ist derzeit praktisch gleich null«, sagte Patrick Hofstetter von der Umweltorganisation WWF Schweiz. »Ein massiver Ausbau der Solarstromproduktion, ein strenges inländisches Klimaziel bis 2030, ein rascher Ersatz der Öl- und Gasheizungen durch klimafreundliche Alternativen - diese Schritte in der Klimapolitik sind dringend nötig.« Zudem müsse sich die Schweiz mehr bei der Unterstützung der Entwicklungsländer engagieren: »Als reiches Land muss und kann sie mehr tun.« Ein Befund, der auch für zahlreiche andere Länder gilt.
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