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  • Koalitionsverhandlungen in Berlin

Rot-Grün-Rot läuft sich warm

In den Koalitionsgesprächen können sich SPD, Grüne und Linke auf etliche Projekte für den Klimaschutz verständigen

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 5 Min.

Der Standort für die Koalitionsverhandlungen ist natürlich bewusst gewählt. Auf dem Euref-Campus in Berlin-Schöneberg wird Klimaschutz seit vielen Jahren praktiziert. Das von der Bundesregierung für das Jahr 2050 ausgegebene CO2-Klimaschutzziel hat der Campus bereits im Jahr 2014 erreicht. An eine solche Vorreiterrolle möchten die möglichen Koalitionäre von SPD, Grünen und Linken in Berlin gern anknüpfen. »Wir wollen versuchen, bei der Energie- und Solarwende Vorreiter in Metropolregionen werden«, erklärt Linken-Spitzenkandidat Klaus Lederer bei einem Statement zu den laufenden Koalitionsverhandlungen.

Konkret geplant ist unter anderem die Auflage von zwei neuen Förderprogrammen für Solarenergie. Damit sollen einerseits die Investitionen von Privaten für Solaranlagen gefördert werden. Andererseits soll so aber auch auf öffentlichen Gebäuden in der Stadt verstärkt entsprechende Technik installiert werden. Bis zum Jahr 2035 soll insgesamt ein Viertel des in Berlin produzierten Stroms aus Solarenergie stammen.

Mit dem Thema Klimaschutz biegen SPD, Grüne und Linke bei den Gesprächen über einen gemeinsamen neuen Senat unterdessen auf die Zielgerade ein. Bereits am 24. November soll ein neuer Koalitionsvertrag »finalisiert« werden. Zwar zogen sich auch am Mittwoch die Verhandlungen in die Länge, das besonders umstrittene Kapitel zur Mobilität beispielsweise war bis 19 Uhr noch gar nicht besprochen worden. Dennoch sieht sich das Mitte-links-Bündnis auf Kurs. »Wir sind nicht verzögert, wir sind voll im Zeitplan«, sagt die designierte Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Und: »Wir haben die Absicht, dass wir mit unseren Verhandlungskapiteln durchkommen.«

Was konkrete Zielzahlen beim Klimaschutz anging, hielten sich die Verhandlungsspitzen bedeckt. »Wir haben das Ziel, Berlin soll klimaneutral werden«, erklärt Giffey. Und dies so zügig wie möglich. Dass der Klimaschutz in einer neuen Regierung in Zukunft als eine »Querschnittsaufgabe« verankert werden soll, dürfte insbesondere die Grünen freuen, die sich ehrgeizige Ziele beim Klimaschutz gesetzt haben.

»Wir haben verabredet, dass wir Klimaschutz und -neutralität zu einer gemeinsamen Aufgabe machen«, sagt die Grünen-Fraktionsvorsitzende Bettina Jarasch. Neu sei eine sogenannte Governance, also die Vorgabe, dass sich alle Ressorts im Senat mit dem Klimaschutz beschäftigen. Dazu wird ein gemeinsamer Kabinettsausschuss der Senatsverwaltungen regelmäßig tagen. Ebenfalls eine Neuerung ist die Einführung eines Monitorings. So soll beispielsweise regelmäßig geprüft werden, wie viel Mengen an CO2 bereits ausgestoßen hat, um gegebenenfalls nachsteuern zu können, falls die Werte zu hoch liegen. Damit der Klimaschutz verbessert wird, soll es zudem eine Werbeoffensive für Klima-Azubis geben, die in dem Bereich wirken und unter anderem die große Aufgabe Wärmewende mit umsetzen. Vieles davon hatten die Grünen bereits im Wahlkampf in Aussicht gestellt. Neben der Förderung der Solarenergie sollen so auch Projekte mit grünem Wasserstoff und zur energetischen Sanierung von Rot-Grün-Rot gefördert werden.

Zum Umweltschutz und Klimaschutz gehört für SPD, Grüne und Linke dabei zudem die Ertüchtigung der Natur- und Grünflächen. Allein über diesen Bereich wurde einige Stunden gesprochen, heißt es. Nachdem die sogenannte Charta Stadtgrün kurz vor der Wahl noch in der alten Koalition gestoppt wurde, soll sie mit einigen »Klarstellungen« von der möglichen neuen Regierung bald verabschiedet werden. »Wir haben uns darauf verständigt, die Stadt grüner zu machen«, erklärt Jarasch. Mit einem Entsiegelungsprogramm sollen etwa Betonflächen entsiegelt werden. Es soll Hitzeaktionspläne geben, mehr Brunnen, mehr Bänke, mehr Bäume.

»Wir werden uns auch um die Stadt kümmern«, verspricht dann auch Linke-Politiker Klaus Lederer. So soll auch die Arbeit der Berliner Stadtreinigung auf weitere Flächen erweitert werden. Zudem soll die Abholung von Sperrmüll verbessert werden.

»Überall dort, wo die BSR drin ist, funktioniert es«, erklärt die SPD-Landesvorsitzende und -Spitzenkandidatin Franziska Giffey. Sie bezeichnet die Verschmutzungssituation als »stetiges Ärgernis«. Am Ende gehe es auch um das Gesamtbild, das die Stadt ausstrahle.

Unklar blieb am Mittwoch, wie die alten und wohl auch neuen Koalitionäre mit Flächennutzungskonflikten umgehen wollen. Den Wohnungsbau massiv vorantreiben und Brachen schützen: Beides gleichzeitig wird kaum machbar sein. Auch dazu gab es langwierige Debatten in den Koalitionsgesprächen.

Da konzentrierte man sich dann doch lieber auf Projekte wie Mieterstromprojekte, die die Stadtwerke künftig noch stärker anbieten wollen. »Wir haben alle noch die Enttäuschung von Glasgow vor Augen«, erklärt Klaus Lederer im Anschluss. Die Debatte über große Zielzahlen nütze nichts, meint auch Franziska Giffey. Immerhin: Der Ausstieg bei der Kohle soll vor 2035 mit Priorität verfolgt werden. Es gibt auch Überlegungen, früher auszusteigen. Dass zudem auf den fossilen Energieträger Gas verzichtet werden soll, soweit sei man noch nicht, heißt es. Fest steht, dass bei der Energiewende die Zusammenarbeit mit dem Windkraft-Nachbarn Brandenburg verbessert werden muss.

Nach den Zwischenstatements am Mittwoch sollte am Abend noch über Verkehr gesprochen werden, ein Thema, dass neben der Stadtentwicklung als eines der Knackpunkte für die Verhandlungen gilt. Ergebnisse dazu sollen am Freitag mitgeteilt werden. Umstritten ist etwa, ob eine Citymaut kommt, ein 365-Euro-Ticket und wie der Öffentliche Personennahverkehr künftig zusätzlich finanziert werden soll. Bis zum 24. November, so das Ziel, soll der Koalitionsvertrag stehen. Nach Zustimmung der Parteigremien – beziehungsweise im Falle der Linken ihrer Mitglieder – soll Franziska Giffey am 21. Dezember zur neuen Regierenden Bürgermeisterin gewählt werden.

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