Kunden können den Kauf widerrufen
bgh sorgt endlich für klarheit beim strittigen kauf eines treppenlifts
Doch schon seit Jahren gibt es um den Treppenliftkauf einen Rechtsstreit. Der Hintergrund ist: Weil kaum ein Haus dem anderen gleicht, muss ein solcher Lift in der Regel maßgeschneidert sein. Wer zu Hause einen Vertrag über den Kauf eines Treppenlifts abschließt, überlegt es sich vielleicht später noch mal anders. Doch können die Kunden den Auftrag stoppen? Haben sie ein Widerrufsrecht? Immerhin geht es für die überwiegend älteren, meist im Rentenalter stehenden Menschen um mehrere tausend Euro.
Die Gerichte haben über das Widerrufsrecht bei Treppenliften bislang unterschiedlich geurteilt. Seit dem 20. Oktober 2021 herrscht nunmehr Klarheit. In einem verbraucherfreundlichen Urteil hat der Bundesgerichtshof (Az. I ZR 96/20) in Karlsruhe entschieden, dass beim Kauf eines maßangefertigten Kurventreppenlifts ein vierzehntägiges Widerrufsrecht besteht Darüber müssten die Kunden informiert werden - gerade wenn das Geschäft nicht in den Räumen des Unternehmens abgeschlossen wird.
»Das ist eine sehr gute Entscheidung für die Verbraucher«, sagt Niklaas Haskamp von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Diese hatte gegen die Firma AP+ Treppenlifte geklagt, die zur Kölner Liftstar Gruppe gehört und bei passgenau produzierten Liften bislang ein Widerrufsrecht der Kunden verneint hatte.
Auch deren Rechtsvertreter Felix Withöft begrüßte das Urteil des ersten Zivilsenats des BGH, »weil er Klarheit und Rechtssicherheit schafft für alle Beteiligten«. Für die Treppenlift-Branche sei es eine wichtige Entscheidung, weil es Uneinigkeit darüber gab, um welchen Vertragstyp es sich handelt.
Zum Hintergrund: Manche Hersteller - wie auch Liftstar - waren bisher davon ausgegangen, dass es sich um sogenannte Werklieferungsverträge handele, bei denen kein Widerrufsrecht eingeräumt werden muss. Das Argument war laut Rechtsanwalt Withöft, dass die ins Treppenhaus eingepasste Laufschiene nicht wiederverwendet werden kann. So hatte es in dem Fall zuletzt auch das Oberlandesgericht Köln entschieden.
»Wir haben das anders gesehen«, sagte der Vorsitzende Richter des BGH, Thomas Koch. Dem Urteil zufolge handelt es sich um Werkverträge. Die Abgrenzung sei »nicht immer ganz einfach«, räumte Koch ein. Dem Kunden gehe es beim Kauf eines Treppenlifts aber nicht in erster Linie darum, die Einzelteile zu bekommen. Im Vordergrund stehe der Einbau einer funktionsfähigen Einheit. Die Revision der Verbraucherschützer habe daher Erfolg. Der BGH verurteilte den Hersteller zur Unterlassung.
»Der Unternehmer ist deswegen nicht schutzlos«, sagt Koch. Er könne zum Beispiel die zwei Wochen abwarten, bevor er mit der Produktion beginnt. Sollte er auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden schon vorher starten, stünde ihm anteilig das Geld zu.
Abwarten sei nicht im Sinne des Kunden, so Rechtsanwalt Withöft von der Firma Liftstar. Daher werde man nichts an den Abläufen ändern. »Dem Kunden ist es wichtig, dass es schnell geht. Da müssen wir schauen, dass wir mit unseren Arbeitsprozessen das nach dem BGH-Urteil hinbekommen und der Kunde nicht wochenlang warten muss, bis er in seinem Zuhause mobil ist.«
Ein Kurvenlift koste zwischen 12 000 und 15 000 Euro, sagte Matthias Bauer, bei der klagenden Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zuständig für Bauen, Wohnen und Energie. Viele Kunden seien vielleicht in einer Notsituation und würden häufig zu Hause überrumpelt oder zu einem schnellen Vertragsabschluss gedrängt, ergänzt Niklaas Haskamp. »Deswegen ist es gut, dass der Gesetzgeber vorgesehen hat, dass man da 14 Tage sozusagen Bedenkzeit hat.« dpa/nd
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