Pandemie-Pakt gegen Virus-Mutanten
Omikron-Ausbreitung: WHO setzt auf globales Krisenmanagement
In der Corona-Pandemie ist es ähnlich wie beim alltäglichen Arztbesuch: Wenn man weiß, wonach man suchen muss, findet man es auch. Daher melden zur neuen Virusmutante Omikron jetzt immer mehr Länder Verdachtsfälle oder bestätigte Infektionen. Am Dienstag kamen unter anderem Japan und die französische Überseeregion La Réunion dazu. Fast überall handelt es sich um Einzelfälle. Hierzulande hat sich in Leipzig ein Verdachtsfall bestätigt, in Essen hingegen gab es bei zwei Betroffenen Entwarnung. In Portugal und Schottland wird indes gerätselt, ob es womöglich kleinere lokale Ausbrüche gibt. Und im britischen Landesteil England, wo im Juli ein »Freedom Day« gefeiert wurde und alle Restriktionen fielen, gilt mit Blick auf Omikron seit Dienstag wieder Maskenpflicht, zumindest in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln. Das Unternehmen Moderna geht davon aus, dass sein Impfstoff weniger wirksam ist als gegen die Delta-Variante, und spricht von einem »erheblichen« Rückgang.
Zahlreiche Länder haben bereits Reisebeschränkungen gegen Länder im südlichen Afrika verhängt, obwohl das etwa von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) scharf kritisiert wurde. Doch es geht auch anders: Die Fidschi-Inseln teilten mit, man halte am Plan fest, ab Mittwoch wieder ausländische Touristen hereinzulassen. Das Land müsse sich von der »schrecklichen Pandemie« und ihren wirtschaftlichen Folgen erholen, so Regierungschef Frank Bainimarama im Parlament.
Vor allem in Südafrika ist man sauer: Dortige Wissenschaftler hatten die Welt vor der möglicherweise infektiöseren Mutante gewarnt, nun wird man bestraft. Die Gesundheitsminister der G7-Staaten, die als Erste den Flugverkehr etwa mit Südafrika eingestellt hatten, lobten bei einem Treffen am Montag »die vorbildliche Arbeit Südafrikas bei der Entdeckung der Variante und der Warnung anderer vor ihr«. UN-Generalsekretär António Guterres schloss sich dem Lob an, fügte aber hinzu, er sei »zutiefst besorgt über die Isolierung der Länder im südlichen Afrika«. Und schob eine Kritik an den G7 und anderen hinterher: »Die Menschen in Afrika können nicht für das unmoralisch niedrige Level von vorhandenem Impfstoff in Afrika verantwortlich gemacht werden.«
Aus den Worten von Guterres ist auch der Frust darüber herauszulesen, dass die UN-Organisationen anders als bei früheren Pandemien beim Corona-Krisenmanagement ausgebootet wurden. Das soll sich künftig ändern, nicht zuletzt wegen der zahlreichen Virus-Mutanten weltweit. Seit Montag beraten die 194 Mitgliedstaaten der WHO über einen internationalen Vertrag zur Pandemievorbeugung und -bekämpfung. Die Sondersitzung der Weltgesundheitsversammlung, des höchsten WHO-Entscheidungsgremiums, ist erst das zweite derartige Treffen in der Geschichte der Genfer UN-Organisation. Ein »zwischenstaatliches Gremium« soll die Details eines Übereinkommens ausarbeiten, in dem es um Finanz- und Kontrollstrukturen, Wissenstransfer sowie gerechte Medikamenten- und Impfstoffverteilung gehen soll. »Impfstoff-Gerechtigkeit ist kein Akt der Güte, sie ist im besten Interesse jedes einzelnen Landes«, sagte WHO-Generalsekretär Tedros Adhanom Ghebreyesus am Montag zum Auftakt. »Kein Land kann sich allein aus der Pandemie impfen.« Dass es einen Pandemie-Pakt geben soll, ist bereits geklärt; umstritten ist aber unter anderem, wie verbindlich er werden soll. Eine schnelle Einigung ist nicht in Sicht - das Ergebnis der Beratungen soll bis zur Weltgesundheitsversammlung im Mai 2024 unterschriftsreif auf dem Tisch liegen.
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