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Für alles brauchte man eine Genehmigung, aber er wollte anders sein
Früher war Pankow so etwas wie der linke Flügel des DDR-Pop-Mainstreams. Sie waren keine der »anderen Bands« aus dem Untergrund der Spät-DDR, aber sie hatten für diese viel Verständnis. »Aufruhr in den Augen«, der Titel ihres Album von 1988, trifft es ganz gut. Sie waren ein bisschen wilder, extravaganter und auch verbotener als City, Karat und die Puhdys. Dazu gehört auch die absurde Verbotsgeschichte von »Paule Panke«, der ersten Rockoper der DDR, wozu man damals »Rockspektakel« sagte. 1982 auf genommen, erst 1989 veröffentlicht. Es hätte das Debütalbum der Band werden sollen.
Eine Aufführung wurde sogar vom Fernsehen mitgeschnitten, aber nicht gesendet. Die Band wandte sich an Horst Renz, den Chef der Unterhaltungsredaktion beim Fernsehfunk der DDR. Er empfing sie persönlich in seinem Büro: »Ich habe das Band gesehen, sagte er, euer Paule Panke ist als Rockmusical ja für das Fernsehen wie gemacht. Unterhaltung, aber auch zum Nachdenken. Musik und optische Angebote, es klang lobend, ich nickte eifrig, bestätigend, bis er endlich sagte: Das werden wir nicht senden, das nützt nur dem Klassenfeind. Nichts an seinem Lächeln hatte sich geändert, die Ablehnung war von ihm nicht persönlich gemeint, es ging immer um die große Sache.« Und eine Respektperson von Amiga sagt der Band: »Euren Paule Panke veröffentlichen wir nicht, vielleicht in zehn Jahren, falls sich dann an der Kulturpolitik der DDR etwas geändert hat.« So beschreibt es André Herzberg in seinem Buch »Keine Stars. Mein Leben mit Pankow«. Und deshalb heißt es im besten Lied dieser Band: »Er will anders sein«. Das heißt aber auch: nicht ausreisen und dableiben. Obwohl das zweitbeste Lied dieser Band den Titel »Langeweile« trägt.
Das sind die Hits aus einem untergegangenen Land, das einem erzählte, dass man für alles eine Genehmigung brauche, wie Herzberg schreibt. Er wollte eigentlich Meeresforscher werden. Die Band gibt es immer noch, seit 1981. Nächstes Jahr wird sie älter sein als die DDR. cm
André Herzberg: Keine Stars. Mein Leben mit Pankow. Aufbau, 256 S., geb., 24 €.
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