Wenn Schneechaos den Berufsverkehr beeinträchtigt

Arbeitnehmerrechte bei witterungsbedingten Verspätungen

  • Michaela Rassat, ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH
  • Lesedauer: 4 Min.

Wer mit Auto, Bahn oder Bus auf dem Weg zur Arbeit ist, sollte über seine Rechte Bescheid wissen, wenn er zu spät am Arbeitsplatz erscheint.

Pünktlich - trotz Schnee und Eis

Egal wie das Wetter ist: Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen. Er trägt hier das sogenannte Wegerisiko und muss alles tun, was ihm zuzumuten ist, um rechtzeitig zur Arbeit zu kommen. Ist abzusehen, dass Schneefall am nächsten Tag den Arbeitsweg erschweren wird, sollten Arbeitnehmer entsprechend planen: Früher aufstehen, einen früheren Zug nehmen oder eine andere, besser geräumte Strecke fahren.

In Unternehmen mit Gleitzeitregelung können die Mitarbeiter in Absprache mit dem Vorgesetzten oft auch später kommen, wenn das schlimmste Schneechaos vorbei ist. Allerdings beinhaltet auch die Gleitzeitregelung häufig eine Kernzeit. Erscheint ein Angestellter nicht rechtzeitig, hat der Arbeitgeber das Recht, den Lohn für die versäumte Zeit zu kürzen. Wiederholte Verspätungen können sogar zu einer Abmahnung führen. Meist kann der Arbeitnehmer die Zeit jedoch über Nacharbeit, Überstunden, einen Urlaubstag oder eben Gleitzeit ausgleichen.

Unter Umständen kann ein Mitarbeiter auch anbieten, bei Schneechaos von zu Hause aus zu arbeiten. Eine Nacharbeit am selben Tag kann der Vorgesetzte nur verlangen, wenn dies zumutbar ist. Das ist etwa nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer seine Kinder pünktlich von der Kita oder der Schule abholen muss oder mit einer Fahrgemeinschaft den Heimweg antritt. Aber auch organisatorische Gründe können dagegen sprechen, wie ein einheitliches Schichtende oder die erforderliche Zusammenarbeit mit Kollegen.

Wenn die Kita geschlossen ist

Auch wenn die Kita wegen widriger Witterungsverhältnisse geschlossen ist, können Eltern nicht einfach zu Hause bleiben. Sie müssen erst Alternativen prüfen, ihr Kind unterzubringen - oder den Nachwuchs, wenn möglich, mit zur Arbeit bringen. Im Gegensatz zum allgemeinen Schneechaos auf den Straßen kann fehlende Kinderbetreuung zwar ein Grund sein, der Arbeit fernzubleiben. Das kann jedoch durch Arbeits- oder Tarifverträge durchaus auch anders geregelt sein. Bei wegen Schnee geschlossenen Kitas sollte man mit dem Arbeitgeber eine Lösung suchen.

Verspätungen bei der Bahn

Fahren Arbeitnehmer mit der Bahn zur Arbeit, sollten sie auch hier ihre Rechte kennen. Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (Az. C-509/11) von 2013 müssen Eisenbahnunternehmen ihre Fahrgäste auch bei Verspätungen aufgrund höherer Gewalt entschädigen.

Aber: Das EU-Parlament hat am 29. April 2021 eine neue EU-Fahrgastrechte-Verordnung beschlossen. Sie löst zum 7. Juni 2023 die Vorgängerregelung ab. Ab diesem Stichtag erhalten Bahnreisende keine Entschädigung mehr, wenn ihr Zug aufgrund von höherer Gewalt verspätet ist. Darunter fallen auch extreme Wetterbedingungen. Bis dahin gilt aber noch: Kommt der Zug wegen Schnee und Eis verspätet, hat der Reisende Anspruch auf eine anteilige Fahrpreiserstattung.

Deren Höhe regelt die alte EU-Verordnung ((EG Nr. 1371/2007). Bei einer Verspätung von ein bis zwei Stunden liegt sie bei einem Viertel des Fahrpreises, ab zwei Stunden bei der Hälfte. Als Verspätung zählt dabei die Zeit, um die der Reisende zu spät am Zielort eintrifft. Fahrgäste der Deutschen Bahn mit Zeitfahrkarten erhalten pro Verspätungsfall von über einer Stunde in der zweiten Klasse jeweils eine Pauschale von 1,50 Euro (Nahverkehr) oder 5 Euro (Fernverkehr), 10 Euro bei der Bahncard100 und insgesamt höchstens ein Viertel des Zeitkartenwertes. Da Beträge unter 4 Euro nicht ausgezahlt werden, müssen sich vielfach erst Verspätungen ansammeln.

Die Entschädigung kann sich der betroffene Bahnkunde bar oder in Form eines Gutscheins an einer Ticketverkaufsstelle auszahlen oder von dem Beförderungsunternehmen überweisen lassen. Dafür muss er ein sogenanntes Fahrgastrechte-Formular ausfüllen. Das gibt es beim Servicepersonal im Zug, an den Info- und Reiseschaltern des Beförderungsunternehmens bzw. auf dessen Website. Laut der EU-Verordnung muss der betroffene Fahrgast die Entschädigung innerhalb eines Monats nach Einreichung des Entschädigungsantrags bekommen.

U-Bahn, Tram und Busse

Wer auf dem Weg zur Arbeit auf Straßenbahn, U-Bahn oder Bus angewiesen ist, kann sich bei Verspätungen nur an das regionale Verkehrsunternehmen wenden. Ob das seinen Fahrgästen bei Verspätungen eine Entschädigung anbietet, ist völlig unterschiedlich. Häufig schließen die Verkehrsbetriebe jedoch bei extremen Wettersituationen wie etwa bei starkem Schneefall eine Erstattung aus.

Bei Konflikten hilft die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (www.soep-online.de).

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