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Die letzten Drachen

Menschen und Klimawandel gefährden die Komodowarane

  • Michael Lenz
  • Lesedauer: 4 Min.

Komodowarane sehen furchterregend aus. Es ist nicht unbedingt die schiere Größe und Kraft der auch Komododrachen genannten Tiere, die sie bedrohlich macht. Es ist ihr Biss, mit dem sie Hirsche und Büffel als ihre bevorzugte Mahlzeit zur Strecke bringen. Ihr Speichel enthält ein Gift, das die Blutgerinnung vermindert. Die Beutetiere gehen oft erst nach Tagen zugrunde.

Der giftige Speichel ist nicht die einzige Besonderheit dieser Echse aus der Gattung der Warane (Varanus), von denen nur noch einige Tausend existieren. Die Einzigartigkeit der größten Echse der Welt beginnt schon mit dem Lebensraum, der auf die indonesischen Kleinen Sundainseln Komodo, Rinca, Gili Dasami, Gili Motang und Teile der küstennahen Bereiche der Insel Flores beschränkt ist. Vielleicht ein Grund, dass die Echsenart erst 1912 von von einem westlichen Wissenschaftler beschrieben wurde, dem Holländer Pieter Anthonis Ouwens.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Erwachsene Komodowarane können eine Länge von bis zu drei Metern erreichen und mehr als 100 Kilo schwer werden. Dagegen bringen die aus den ledrigen Eiern geschlüpften Echsenbabys zunächst nur 100 Gramm auf die Waage. Anders als die erdbraunen Erwachsenen sind die anfangs grün geschuppten Nachwuchswarane gute Kletterer. Dadurch können sich die Jungtiere, die erst mit rund neun Jahren geschlechtsreif sind, hoch oben in Bäumen vor ihren kannibalischen ausgewachsenen Verwandten in Sicherheit bringen.

Der Komodowaran erreichte vermutlich aus Australien kommend vor etwa 900 000 Jahren die Insel Flores, wie Funde fossiler Zähne belegen. Nach Java kam er etwa vor 700 000 bis 800 000 Jahren, ist dort aber schon lange ausgestorben. Der Komodowaran sei somit als letzter Überlebender australischer großer Warane anzusehen, hieß es in einer 2009 im Journal »PLOS One« veröffentlichten Studie eines Teams um Scott A. Hocknull vom Queensland Museum in Brisbane City. »Die Körpergröße von Varanus komodoensis ist in den letzten 900 000 Jahren auf Flores stabil geblieben, eine Zeit großer Faunawechsel, dem Aussterben der Megafauna der Insel«, hieß es in der Studie. Weder die Ankunft der frühen Hominiden vor etwa 880 000 Jahren noch die Koexistenz mit Homo floresiensis oder die Ankunft des modernen Menschen vor rund 10 000 Jahren hatten das verändert. Innerhalb der letzten 2000 Jahre allerdings sei die Population der Warane auf den Inseln stark geschrumpft.

Eine Bestätigung der australischen Herkunft der Komodowarane lieferte im März dieses Jahres eine Studie der Nationalen Universität von Australien. Fossilienfunde ließen die Vermutung zu, dass sie durch Kreuzungen anderer Echsen mit australischen Sandwaranen entstanden seien, die heute nur in Australien und Süd-Neuguinea vorkommen. »Um sich zu kreuzen, müssen sie vor einiger Zeit zusammengelebt haben«, sagt Carlos Pavón Vázquez, Hauptautor der Studie im Fachjournal »Systematic Biology«, und fügt hinzu: »Unsere Daten stützen die Theorie, dass Komodowarane aus Australien stammen und dann nach Indonesien gewandert sind, bevor sie hier ausstarben.«

In einer im August im Fachblatt »Molecular Ecology« erschienenen Studie zeigten Wissenschaftler um Claudio Ciofi vom Fachbereich Biologie der Universität Florenz durch Analyse des Genoms von 24 Komodowaranen, dass sich die Populationen auf den verschiedenen Inseln genetisch unterscheiden. »Der Grad der genomischen Divergenz zwischen den Inselpopulationen wurde als Ergebnis von Veränderungen des Meeresspiegels interpretiert, die die Konnektivität zwischen den Inseln beeinflussten«, hieß es in der Studie.

Mit der Ankunft des Homo sapiens auf den Kleinen Sundainseln vor rund 10 000 Jahren begann der bis heute andauernde Überlebenskampf der Komodowarane. Jüngster Anschlag auf das Habitat der längst zur Touristenattraktion gewordenen Echsen ist die Plan von Investoren, im Komodo-Nationalpark Hotels zu bauen.

Auf der deutlich größeren Insel Flores ist an mehreren Küstenabschnitten das Habitat der Komodowarane in den vergangenen Jahrzehnten um rund 44 Prozent geschrumpft, konstatieren Wissenschaftler um Achmad Ariefiandy vom Komodo Survival Program in der Anfang des Jahres veröffentlichten Studie. Die Nähe von Bauernhöfen und Dörfern sowie die »Kettenreaktion mehrfacher menschlicher Aktivitäten« hätten die »stärksten negativen Effekte auf das Habitat der Komododrachen«, heißt es in der im Fachmagazin »Biodiversity and Conservation« veröffentlichten Studie. Die Weltnaturschutzunion (IUCN) stufte bei ihrem Kongress in Marseille im vergangenen September den Status der knapp 3500 noch in freier Wildbahn lebenden Exemplare von »vulnerabel« auf »gefährdet« hoch.

Forscher und Tierschützer arbeiten mit vereinten Kräften an der Bewahrung der Komodowarane in ihrem natürlichen Lebensraum auf Flores, Komodo und den anderen Inseln. Gefahr droht den Tieren jedoch auch durch den Klimawandel, der den Meeresspiegel ansteigen lässt und so das Habitat der Inselechsen kleiner werden lässt.

Um die Art vom Aussterben zu bewahren, haben Zoos Zuchtprogramme gestartet. Im Tierpark der indonesischen Stadt Surabaya wurden schon Komododrachenbabys geboren, ebenso im US-amerikanischen San Antonio. Hierzulande sind Komodowarane im Gondwanaland des Zoos in Leipzig zu sehen. Dort erblickte im August erstmalig in Deutschland ein Minidrache das Licht der Welt.

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