Sudans verratene Revolution

Martin Ling über das Scheitern der zivil-militärischen Regierung

Das Experiment einer zivil-militärischen Übergangsregierung im Sudan ist gescheitert. Der Rücktritt des sudanesischen Ministerpräsidenten Abdallah Hamdok macht klar, dass es mit den Militärs an den Schalthebeln keinen Übergang zur Demokratie geben kann, wie er pro forma im August 2019 der Demokratiebewegung zugestanden wurde. Noch kurz zuvor, am 3. Juni, hatte das Militär über 120 Zivilisten bei einem Sit-in erschossen - der bis dato blutigste Tag der seit drei Jahren währenden sudanesischen Revolution.

Nichts ist aus den Vorhaben der zivil-militärischen Regierung geworden, das Land zu ordnen, demokratische Strukturen aufzubauen und die Wirtschaft wieder auf Vordermann zu bringen. Der krönende Schlusspunkt sollten ursprünglich 2022 freie Wahlen sein. Es war ein ausdrücklicher Wunsch der heterogenen Demokratiebewegung, statt sofortiger Neuwahlen erst die für faire Wahlen notwendigen Strukturen zu schaffen. Das blieb aus, während die Militärs ihre Wirtschaftsinteressen sicherten und sich erfolgreichen gegen die zaghaften Versuche der Justiz und des Ministerpräsidenten Hamdok stemmten, Verbrechen aus der Vergangenheit zu ahnden.

Teller und Rand - der Podcast zu internationaler Politik

Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.

Hamdok hat das Handtuch geworfen. Dass er sich nach dem Putsch Ende Oktober gegen ihn vier Wochen später wieder vom mächtigen General Burhan in die zivil-militärische Regierung zurückbeordern ließ, haben ihm viele als Verrat am sudanesischen Traum ausgelegt. Dieser Traum von einem friedlichen Zusammenleben ohne Rassismus, ohne religiöse Diskriminierung, ohne Gewalt durch die Sicherheitskräfte und ohne Diktatur der Militärs ist ferner denn je, seit die Revolution begann. Der Diktator Omar al-Baschir wurde 2019 gestürzt, seine Schergen nicht. Die Straße hat das erkannt, Hamdoks Rücktritt ist die logische Konsequenz.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!