Kein Ausrutscher

FPÖ-Chef Herbert Kickl setzt ganz bewusst auf Provokationen

  • Stefan Schocher, Wien
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenn Herbert Kickl öffentlich etwas sagt, dann gerät er niemals zufällig auf verbale Irrwege. Es ist kein Ausrutscher, wenn der Chef der rechtsnationalen FPÖ im prominentesten TV-Interview Österreichs äußert, der Nationalsozialismus habe nicht mit einem Weltkrieg begonnen und nicht mit »irgendwelchen Vernichtungslagern, sondern er hat damit begonnen, dass man Menschen systematisch ausgegrenzt hat«. Er habe damit begonnen, »dass man zum Beispiel Kinder, weil sie jüdischer Abstammung gewesen sind, nicht in die Schule gelassen hat«. Und das war die Antwort des Politikers auf die Frage, ob er bereit sei, Antisemitismus bei Covid-Protesten zu verurteilen.

Provokation, das ist Herbert Kickls Handwerk. Perfektioniert hat er es seit Jahrzehnten, erst in der dritten Reihe der Partei, dann in der zweiten und jetzt in der ersten. Studienabbrecher Kickl ist ein Meister im »noch eine Schippe drauflegen«. Er war der Redenschreiber Jörg Haiders, also jenes Politikers, der das rechtsnationale Lager in der FPÖ vom Kellernazi-Mief befreit hat und der Partei einen modernen rechtspopulistischen Anstrich gab - zu einer Zeit, als diese Spielart noch ein österreichisches Unikum in Europa war. Damals waren Andeutungen auf eine »ordentliche Beschäftigungspolitik im Dritten Reich« ein Skandal. Heute mobilisiert die FPÖ zu Corona-Demos, während Kickl, Jahrgang 1968, das Entwurmungsmittel Ivermectin als Heilmittel gegen die Pandemie anpreist, Impfungen verteufelt und von einer Diktatur spricht - im Chor mit altbekannten Neonazis.

Kickls Affront in der Primetime zielt auf Eskalation, denn diese ist der Nährboden der FPÖ. Die Jüdischen österreichischen HochschülerInnen (JöH) haben nun gemeinsam mit dem Jüdischen Weltkongress und dem Bund jüdischer Verfolgter des Naziregimes (BJVN) Kickl wegen seiner Äußerungen bei der Staatsanwaltschaft Wien angezeigt. Konkret geht es um den Verdacht auf NS-Wiederbetätigung.

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