Tierleidfreier Januar

Der Veganuary ist ein Angebot, einen Monat ohne tierische Produkte zu leben. Doch die Kampagne hat auch ihre Tücken.

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Instagram, in seinen Anfangsjahren als Plattform für niedliche Tierfotos und sogenanntes Foodporn belächelt, lebt in diesen Tagen genau dieses Klischee: eine Plattform, voll mit Aufnahmen von Tieren und fotogen drapierten Speisen. Das klingt nach einer Einladung zur Prokrastination, ist vom Grundgedanken - zumindest theoretisch - aber politisch motiviert: »Essen ist nicht nur Privatsache«, erklärte vergangenes Jahr die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx.

Solche unappetitlichen Wahrheiten sind für weite Teile der Mehrheitsgesellschaft schwer verdaulich, wird eine Debatte über Esskultur doch oft als Eingriff in die intimste Privatheit empfunden. Getreu der Befürchtung: Jetzt wollen mir diese genussfeindlichen Gutmenschen auch noch mein Schweineschnitzel wegnehmen. Eine kritische Auseinandersetzung mit den globalen Folgen einer auf tierischen Nahrungsmitteln beruhenden Ernährung ist unter dieser Prämisse unmöglich.

Als Antwort darauf folgte bereits 2014 die Geburt des Veganuary, der jährliche Aufruf einer britischen Non-Profit-Organisation, sich den Januar über an einer veganen Lebensweise zu probieren. Das ist ähnlich unverbindlich wie andere Vorsätze zum Jahreswechsel, macht es dadurch aber eben auch so einladend: Indem der Veganuary einen festen Anfang und ein (theoretisch) festes Ende definiert, fällt es leichter, überhaupt damit anzufangen. Ziel ist es natürlich, dass möglichst viele Menschen Ende Januar zu der Selbsterkenntnis gelangen, dass die vegane Idee doch nicht so falsch ist.

Deshalb ist der Veganuary auch jener Monat, in welchem Instagram, Facebook, Twitter und Co. mit Fotos und Rezepten für veganes Essen geradezu überflutet werden. Denn neben dem Versprechen eines unverbindlichen Testmonats lockt die Vielfalt des Genusses. Küche ist in all ihren Variationen rein pflanzlich möglich und lecker.

Die Schattenseite dieses kulinarischen Bombardements: Der Grat zwischen dem Abfeiern von Foodporn und der Gefahr einer Entpolitisierung einer politischen Idee ist denkbar schmal. Einerseits ist die flächendeckende Verfügbarkeit veganer Produkte, vom Haferjoghurt über Bratlinge und tierleidfreie Kosmetik, bis in jeden Discounter Grundvoraussetzung, damit Veganismus für die breite Bevölkerung überhaupt eine reale Option wird. Gleichzeitig aber geht damit eine maximale Kommerzialisierung einher, die politische Kontexte ausblendet.

So wirbt die Marke Like Meat anlässlich des Veganuary mit einem Spot, in dem ein als Karl Lagerfeld verkleideter Till Lindemann, Frontmann der Band Rammstein, hinter der Bühne einer Modenschau genüsslich einen fleischfreien Burger verspeist. Die Botschaft: Pflanzenburger haben nichts mit Mode zu tun, sondern mit Stil. Oberflächlich zum Schmunzeln - kratzt man daran, verfliegt jede Ironie: Veganismus, dass war schon in der Antike, als es den Begriff für eine tierleidfreie Lebensweise noch nicht gab, immer auch eine kritische Auseinandersetzung mit der Ausbeutung aller fühlenden Lebewesen, inklusive des Menschen. Die Modeindustrie verkörpert das exakte Gegenteil.

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