»Perfide und bösartig«

Gericht verurteilt Kölner CDU-Politiker Bähner nach Schussabgabe

Als »perfide und bösartig« bezeichnete Staatsanwalt Sinan Sengöz das, was in der Nacht vom 29. auf den 30. Dezember 2019 im Kölner Stadtteil Porz passiert ist. Krys M. war mit Freunden am Rheinufer unterwegs; als Hans-Josef Bähner, der am Rhein lebt, die Gruppe hörte, eilte er aus seinem Haus. In der Hand hatte er eine Pistole. Eine surreale Situation, wie der Staatsanwalt findet. Bähner beleidigte die Gruppe rassistisch, eine Auseinandersetzung entwickelte sich. In dieser schoss der CDU-Kommunalpolitiker auf Krys M. Der Schuss traf den damals 20-Jährigen am Oberarm und an der Schulter. Die Polizei rückte an, fand bei Bähner mehrere Waffen, darunter auch welche, für die der Sportschütze keine Erlaubnis hat.

Was nach dem Vorfall folgte, ist eindrucksvoll. Das Geschehen gelangte an die Öffentlichkeit und schnell wurde klar, wer da geschossen hatte: der Bezirksvertreter Hans-Josef Bähner, der bereits vorher wiederholt auf Facebook mit rassistischen Äußerungen und dem Teilen rechter Seiten aufgefallen war. Bähner indes wollte verhindern, dass sein Name in der Öffentlichkeit breitgetreten wird, und beauftragte den Medienanwalt Ralf Höcker, der zu diesem Zeitpunkt im rechten CDU-Zusammenschluss Werteunion aktiv war. Höcker forderte beispielsweise den CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak auf, einen Tweet zu löschen, in dem Bähner erwähnt wird. Auch Medien sollten den Namen nicht mehr nennen, mit einigem Erfolg: In der Lokalpresse machte stattdessen eine andere Geschichte die Runde, nämlich die, dass Krys M. schon einmal »polizeilich in Erscheinung« getreten sei. Dass der junge Mann in diesem Fall am Rheinufer das Opfer war, wurde dagegen verschwiegen.

Bis zum Prozess gegen Hans-Josef Bähner verging einige Zeit. Er begann erst im November 2021. Und er entwickelte sich aus Sicht der Initiative »Tatort Porz«, die Krys M. unterstützt und Öffentlichkeit für den Fall schafft, nicht gut. Bähners Anwalt versuchte immer wieder, Krys M. und seine Freunde als Täter darzustellen und bezichtigte sie der Lüge. Bähner hat sich auch bei seiner Strafverteidigung für einen Prominenten entschieden. Er lässt sich vom Bonner Anwalt Mutlu Günal verteidigen. Günal ist eigentlich bekannt als Stammanwalt von Islamisten.

Auch von Gericht und Staatsanwaltschaft wird ein mögliches rassistisches Tatmotiv allenfalls beiläufig in Erwägung gezogen. Bei einer Kundgebung am Jahrestag des Vorfalls vor knapp zwei Wochen befürchtete die Initiative, dass Rassismus bei der Urteilsfindung nur eine untergeordnete Rolle spielen könnte, und kritisierte ein mangelndes Bewusstsein für Rassismus in Gesellschaft und Justiz.

Viele Unterstützer*innen von Krys M. sind deshalb am Montag von dem Urteil überrascht worden. Drei Jahre und neun Monate Haft hatte die Staatsanwaltschaft gefordert, zu drei Jahren und sechs Monaten ist Bähner verurteilt worden. In seiner Urteilsbegründung nennt der Richter die »fremdenfeindliche« Gesinnung Bähners eindeutig als Tatmotiv. Bei der Initiative ist man darüber erleichtert. »Die Benennung des politischen Motivs werten wir als Erfolg. Es ist ein Erfolg der Betroffenen«, erklärt sie dem »nd«. Die Unterstützung habe sich gelohnt, die Betroffenen hätten sich konsequent gegen eine Opfer-Täter-Umkehr zur Wehr gesetzt und sich nicht von »Beleidigungen und Einschüchterungsversuchen von Bähners Verteidigung« beirren lassen, so die Initiative. Bei einer Demonstration am Montagabend wurde das Urteil als ein »kleines Stück Gerechtigkeit« bezeichnet.

Ob Krys M. diese Gerechtigkeit wirklich erfährt, ist aber noch unklar. Denn unmittelbar nach der Urteilsverkündung sprach Bähners Verteidiger von einem Fehlurteil und kündigte an, in Revision zu gehen. Er hatte auf einen Freispruch plädiert. Sein Mandant habe in Notwehr gehandelt. Dass Bähner in Haft geht, bleibt also ungewiss.

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