- Gesund leben
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Weder gekocht noch gebraten
Gemüse wird seit Jahrtausenden fermentiert - die Produkte sind würzig und oft knackig
In vielen Kulturen der Erde wird seit mindestens 2000 Jahren das biochemische Verfahren der Fermentierung genutzt. Auf diese Weise entstehen nicht nur das bekannte Sauerkraut oder Spreewälder Salzgurken. Weit über die Grenzen Koreas hinaus kennt man heute den würzigen Salat Kimchi, der mit Chinakohl, Rettich, Ingwer und Koriander angesetzt wird. Auch viele andere Gemüsearten wie Rote Bete, Möhren, Sellerie, Brokkoli oder grüner Spargel eignen sich für die Verarbeitung als Gärungsgemüse. Dabei werden organische Stoffe wie Traubenzucker mithilfe von Mikroorganismen umgewandelt.
Die biochemischen Prozesse bei der stattfindenden Gärung bewirken eine längere Haltbarkeit, die dabei gebildeten Produkte wie Milchsäure, Enzyme, Vitamine sowie die entstehenden probiotischen Bakterien fördern die Darmgesundheit und stärken das Immunsystem. Im weiteren Sinne versteht man unter Fermentierung neben der Milchsäuregärung auch die alkoholische, die Essigsäure- und die Zitronensäuregärung. Bei der Fermentierung von Sojabohnen entsteht unter anderem Glutaminsäure, die zum Beispiel Sojasoße ihren würzigen Geschmack verleiht.
500 Gramm Rotkohl und 250 Gramm Rote Bete putzen, in dünne Streifen hobeln, abwechselnd schichtweise in einen Tontopf oder in breite Gurkengläser füllen, zuunterst Rotkohl, danach Rote Bete. Die oberste Schicht sollte Rotkohl sein, dabei schichtweise mit insgesamt 15 Gramm Salz ohne Fluor bestreuen.
Mit einem Holzlöffel oder Stößel so lange stampfen, bis aus dem Gemüse das Zellwasser austritt. Das Gemüse sollte vollständig mit Flüssigkeit bedeckt sein, notfalls 50 Milliliter Wasser aufgießen. Mit einem kleinen Teller oder Keramikdeckel, der in das Gefäß passt, abdecken, eventuell mit einer Wasserflasche beschweren, sodass die restliche Luft herausgedrückt wird.
Etwa 7 Tage bei Zimmertemperatur stehen lassen, danach prüfen, ob der gewünschte Säuerungsgrad erreicht ist. Kühl aufbewahren. anu
Bei den zahlreichen Milchvieh haltenden (Nomaden-)Völkern säuert man seit Jahrtausenden Ziegen-, Kuh-, Schaf- oder Stutenmilch zu Joghurt, Buttermilch, Kefir oder Kumys mit ihren gesundheitsfördernden Milchsäurebakterien. Besonders nach einer verordneten Antibiotika-Einnahme ist es sinnvoll, die Darmflora durch abwechselnden Genuss von Kefir und Joghurt wieder gut aufzubauen und zu regenerieren. Auch nicht erhitztes Gärungsgemüse ist für diesen Zweck geeignet.
Im Zuge des wachsenden Interesses an veganen Nahrungsmitteln wurde fermentiertes Gemüse in den letzten Jahren immer beliebter. Das Vitamin C bleibt durch den Säuregehalt recht gut erhalten. In Spuren werden von den Bakterien sogar B-Vitamine einschließlich Vitamin B12 gebildet. Außerdem enthalten alle fermentierten Lebensmittel das fettlösliche Vitamin K, das im Zusammenspiel mit Vitamin D den Einbau von Calcium in die Knochen ermöglicht.
Während der Fermentierung werden die Zellwände von eher groben Gemüsearten wie Weiß- und Rotkohl in gewissem Maße aufgebrochen und sind dadurch leichter verdaulich. Fermentiertes Gemüse regt den Stuhlgang an, was für Menschen mit einem trägen Darm durchaus erwünscht ist. Eine regelmäßige, tägliche Stuhlentleerung führt auch dazu, dass Reste von Hilfsstoffen aus eingenommen Medikamenten zügig ausgeschieden werden.
Eine rasche Ausscheidung etwa von Titandioxid, das oft in weiß überzogenen Filmtabletten enthalten ist, kann in der Folge eine geringere Resorption dieses Hilfsstoffs bewirken. Dadurch sammelt sich weniger davon in der Milz an, die dann ihre Aufgaben besser erfüllen kann, darunter den Abbau von geschädigten Blutzellen. Auch wenn die Milz als sekundäres Organ betrachtet wird, spielt sie doch eine wichtige Rolle bei der Bildung von Zellen des spezifischen Immunsystems, den Lymphozyten, und somit bei der Abwehr von Erregern.
Die hauptsächliche Wirkung auf das Immunsystem geht bei fermentiertem Gemüse auf die probiotischen Bakterien zurück, die im Darm sogar schädliche Mikroorganismen verdrängen können. Zu Letzteren gehören in erster Linie bestimmte Fäulnisbakterien und Pilze wie der Hefepilz Candida albicans. Wenn dieser Hefepilz sich übermäßig im Darm vermehrt und das Gleichgewicht der verschiedenen Bakterienstämme gestört ist, spüren die Betroffenen Müdigkeit, Heißhunger auf Süßes sowie einen Blähbauch, zudem neigen sie zu Pilzinfektionen von Haut und Schleimhaut. Menschen mit einem geschwächten Immunsystem sind stärker gefährdet. Alles, was den Pilz füttert, wie übermäßigen Konsum von Zucker und Weißmehlgebäck, sollten sie meiden.
Leider begünstigen die genannten Hefepilze auch eine Ausbreitung von Krebszellen. Im Umkehrschluss können fermentierte Gemüsesalate oder auch Naturjoghurt die Hefepilze in Schach halten und auf diese Weise einem Tumor vorbeugen.
Die in der Krebsbehandlung eingesetzten Chemotherapeutika töten neben den Krebszellen auch nützliche Bakterien ab. Eine Zufuhr von probiotischen Bakterien, auch in Form von fermentiertem Gemüse, ist dann hilfreich, um die Darmflora regelmäßig zu stabilisieren. Vor allem die verschiedenen Milchsäurebakterien sind ein wichtiger Bestandteil der Darmbarriere, die Krankheitserreger und Schadstoffe abschirmt.
Voraussetzung für die positive Wirkung etwa von Sauerkraut auf den Darm ist dabei jedoch, dass es sich um ein Produkt in Rohkostqualität handelt. Die üblichen Konserven in den Discountern sind meistens pasteurisiert, wenn nicht sogar sterilisiert. Fündig wird man eher auf Wochenmärkten, im Reformhaus oder in Bioläden, wo man frisches Sauerkraut, Kimchi-Salat oder fermentierten Rotkohl erwerben kann.
Sehr zu empfehlen ist es, selbst einmal Gemüse zu fermentieren. Dazu braucht man lediglich knackig-frisches Gemüse und Salz ohne Fluorid-Zusatz, der das Wachstum der erwünschten Bakterien stört. Wichtig ist es, hygienisch zu arbeiten: Schneidbretter und Messer vorher heiß reinigen, besonders wenn damit tierische Lebensmittel geschnitten wurden. Dann stampft man das zerkleinerte und gesalzene Gemüse so lange, bis Zellsaft austritt. Entscheidend ist, für die Milchsäurebakterien, die sich in der Luft oder auf dem Biogemüse selbst befinden, ein anaerobes Milieu zu schaffen. Sobald Luft an das Gemüse gelangt, kann es zu Fehlgärungen oder Verderb kommen. Notfalls kann man etwas stilles Quellwasser, das nicht chloriert sein darf, aufgießen.
Zusätzliche Vorteile von selbst fermentiertem Gemüse sind Abwechslung und Farbvielfalt. Bekanntlich sind die weinroten Farbstoffe von Rotkohl oder Roter Bete sehr wertvoll für die Gesundheit - ein zusätzliches Plus gegenüber dem bekannten Sauerkraut, das aus Weißkohl hergestellt wird. Möhren oder grüne Gemüsearten liefern zusätzliches Provitamin A für Augen und Schleimhäute. Letztlich bringt fermentiertes Gemüse nicht nur lebendige Bakterien, sondern zugleich Nahrung für die geschätzten Darmbewohner mit.
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